NRW-Wahlkampf : Münte kam als Rosenkavalier

Er kommt zu spät aber er kommt. Kaum erreicht Franz Müntefering, ehemaliger Bundesvorsitzender der SPD, Vizekanzler und Bundesminister, den SPD-Stand auf dem gestrigen Wochenmarkt, wird er von einer Menschentraube umringt.

Viele sind heute extra hierher gekommen, um dem bekannten Politiker einmal persönlich die Hand zu schütteln. Und Müntefering ist charmant, verteilt Rosen an die Damen. Dafür ist er schließlich gekommen, um Werbung zu machen. Für die SPD und für ihren Landtagskandidaten, Rüdiger Weiß.

„Die Möglichkeit, dass wir es schaffen, ist da”, appelliert Müntefering an seine Zuhörer. „Rüttgers steht für eine schwarz-gelbe Regierung, die sich immer weiter vom sozialstaatlichen Denken entfernt”, warnt er. „Nur mit der SPD wird aus Nordrhein-Westfalen wieder ein Bildungsland, wo es nicht auf den Geldbeutel ankommt.” Markante Worte von einem, der weiß, dass man mit Rosen allein keine Wahl gewinnt.

So bekannt er bei der älteren Generation ist, so wenig kennen ihn die Jugendlichen, die er danach zusammen mit Oliver Kaczmarek (MdB) und Rüdiger Weiß in der Produktionsschule Kamen besucht. Skeptisch stehen die 24 Jugendlichen um die Politiker herum. Dass bald Wahl ist, interessiert sie kaum, von Politik, so einer der jungen Männer „versteh ich eh nicht viel”. Dennoch finden sie es „ganz in Ordnung”, dass die Politiker sich die Zeit nehmen, ihr Projekt zu begutachten.

Die Produktionswerkstatt ist noch neu, erst seit November 2009 gibt es die Metall- und Holzproduktionsstätte in Kamen. Finanziert wird das Projekt durch die Arge, befristet bis Ende Dezember. Dann muss erneut geklärt werden, wie es weitergeht, denn die AWO hat für die Räumlichkeiten Eigenbedarf angemeldet. Dass das Projekt weitergeführt wird, gilt jedoch als wahrscheinlich. „30 Prozent aller Beschäftigten konnten bisher wieder integriert werden”, berichtet Tischlermeister Bernd Sadlo.

Integration bedeutet in diesem Fall, dass die Jugendlichen entweder ihren Schulabschluss nachholen, einen Praktikums- oder einen Ausbildungsplatz erhalten. „Viele, die hierher kamen, standen ohne Perspektive da. Durch die praktische Arbeit und die Bestätigung, die sie hier erhalten, geben wir ihnen die Möglichkeit, sich in den Arbeitsmarkt zu integrieren”, so Sadlo. Dass das ganz auf der Linie der anwesenden Politiker ist, ist spürbar. Alle nicken beifällig mit dem Kopf. Dann geht es weiter, nach Unna, zum nächsten Wahlkampf-Termin.