Kamen. Ich habe Ihnen was mitgebracht, sagt GWA-Mitarbeiter Rüdiger Immich und drückt mir einen Stoffbeutel in die Hand. Darin: eine Jacke und eine Latzhose, beides neongelb. Meine Arbeitskleidung für heute. Der Dienstwagen, ein fast nagelneues Fahrrad mit einem vorn angebrachten Container, steht schon in den Katakomben der Gesamtschule bereit.
Container ist 70 Kilo schwer
Dort befindet sich die Schaltzentrale des GWA-Projekts Gemeinsam für ein sauberes Kamen. Von hier starten die insgesamt sieben Mitarbeiter jeden Tag und schwärmen ins Kamener Stadtgebiet aus. Entweder per Lieferwagen, wenn es in Kamens Außenbezirke geht, oder mit den gelben Lastenfahrrädern durch die Innenstadt. Auf einem solchen sitze ich nun und eiere in gefährlichen Schlangenlinien über den Parkplatz der Gesamtschule, während Rüdiger Immich das schwere Gefährt nicht nur lässig mit einer Hand steuert.
Mit einer lange Zange in der anderen Hand sammelt er beim Fahren gleich herumliegenden Müll auf.
Als eigentlich passionierte Radfahrerin hab ich doch arge Probleme, das Fahrrad mit dem 70 Kilo schweren Container zu steuern. Vorn links sind Rechen, Besen und Schaufel angebracht, die der Lenkung noch einen interessanten Drive geben. Einen Tag braucht man schon, um sich dran zu gewöhnen, meint Rüdiger Immich.
Er ist seit neun Jahren mit dabei, also fast so lang wie das Projekt existiert, das in diesem Jahr 10-jähriges Jubiläum feierte. Während Immich beidhändig mit der Müllzange jongliert, radeln wir Richtung Postpark. Unser geliebter Postpark, sagt Rüdiger Immich mit einem verdächtig ironischen Grinsen. Jeden Tag fischen er und seine Kollegen jede Menge Flaschen und Reste von Grillgelagen von Weg und Wiesen und das sind nur die harmlosen Teile. Nicht nur nach den Wochenenden häuft sich hier der Abfall. Der Postpark ist eigentlich jeden Tag schlimm, sagt Immich. Zwei Mülleimer kann er gar nicht leeren, weil die Metalleinsätze fehlen. Wenn wir da hineinfassen, helfen auch die Schutzhandschuhe nicht, weiß Immich. Denn unter Tetraverpackungen lauern gefährliche Glasscherben.
Weiter geht es durch die Fußgängerzone. Zum ersten Mal fällt mir auf, wie viele Mülleimer in der City stehen. Wer kommt denn da auf die Idee, seinen Müll auf die Straße zu werfen, frage ich mich. Das ist so, winkt Rüdiger Immich ab. Darüber rege ich mich gar nicht mehr auf, sagt er und wuchtet den Einsatz aus einem der metallenen Müllbehälter, die überall in der Innenstadt verteilt sind. Marke Hammermülleimer, wie Immich sie nennt. Der sieht nicht nur schwer aus, der ist es auch sogar ohne Müll. Aus dem nächsten Behälter fischt Immich eine ganze Abfalltüte. Da wollte wieder einer sparen, grinst er. Hausmüll findet der GWA-Mitarbeiter oft in öffentlichen Mülleimern.
In den zehn Jahren sauberes Kamen sollen die drei Müllräder von der Kilometerzahl schon drei Mal um die Erde gefahren sein. Das habe man zum Jubiläum spaßeshalber ausgerechnet. Ich hab also schon viel gesehen, lacht Rüdiger Immich.