Kamen. Wir Kamener lieben unsere Stadt, wir lassen nichts auf sie kommen. Weil es sich hier gut lebt und weil es bei aller Maßhaltung, die uns der Nothaushalt auferlegt immer noch jede Menge tolle Angebote und Veranstaltungen gibt. Wir Kamener wissen das. Aber weiß es auch Jörg Mösgen, der aus dem schicken westfälischen Münster kommt und seit nunmehr einem Jahr als Kämmerer die Regie über die städtischen Finanzen führt? Was, so könnte man meinen, angesichts leerer Kassen ein eher unangenehmer Job ist. Weit gefehlt. Nicht allein, dass der 48-Jährige das schwere Erbe seines Vorgängers Jochen Baudrexl mit viel Kreativität stemmt. Er ist innerhalb der letzten zwölf Monate auch ein Fan der Stadt und ihrer Menschen geworden. Das liegt an den Leuten, mit denen er zu tun hat, an den Kollegen im Rathaus (eine Gruppe von Menschen mit hohem Zusammengehörigkeitsgefühl) und natürlich am Job, der ein breites Arbeitsspektrum umfasst und alle möglichen Bereiche des Lebens in der Stadt betrifft.
Breites Spektrum
Kamen, sagt Jörg Mösgen, gewinnt erst auf den zweiten Blick. Der erste offenbare das Kamener Kreuz und Ikea. Schaue man genauer hin, ließen sich viele schöne Ecken entdecken. Eine hat es dem Kämmerer besonders angetan. Hier, nicht weit entfernt vom alten Markt, bezieht er demnächst seinen Zweitwohnsitz. Weil der Job jede Menge Abendtermine mit sich bringt, das Anreisen aus Münster nicht ideal und es überdies schön sei, einen Bezug zu Kamen zu haben, sagt Mösgen.
Und hier sei, bei allen Schwierigkeiten, die Welt noch in Ordnung. Er möge die Menschen, die bisweilen ein wenig störrisch, aber stets offen für Gespräche seien. Deren Wünsche er zwar nachvollziehen, aber leider nicht realisieren könne. Wir sind nicht mehr in der Phase des Neubaus, sondern des Sanierens, bedauert Mösgen. Bei vielen Bürgern sei immer noch nicht angekommen, dass die fetten Jahr vorbei sind. Wir können das Geld nicht mehr mit vollen Händen raushauen, stellt der Kämmerer fest.
Dass die Kamener sich mit dieser Tatsache schwer tun, sei ihm, Mösgen, vor einigen Tagen einmal mehr im Gespräch mit Mitarbeitern des Bauhofs klar geworden. Weniger Bauhofarbeiter müssten inzwischen immer mehr leisten. Der Erwartungshaltung einiger Bürger können diese Wenigen nicht gerecht werden. Die Kamener tragen nach wie vor ihre zuweilen kleinlichen Beschwerden bei der Stadt vor. Doch die Möglichkeiten einer Nothaushaltskommune sind begrenzt. Kaputte Straßen werden nur noch geflickt, Grünanlagen sind nicht mehr tip top gepflegt.
Kreativität gefragt
In diesem Jahr werde er einen zweiten Nothaushalt vorlegen, kündigt Mösgen an. Für das kommende Jahr sei eine größere Baumaßnahme geplant, daneben werde es noch einige kleine geben. Dann ist Schicht. Da ist es für den Kämmerer schon eine Genugtuung, verkünden zu dürfen, dass die Stadt keine weiteren Kassenkredite aufnehmen müsse und die Verschuldung nicht weiter angestiegen sei. Andererseits sei die Stadt aber auch nicht in der Lage, Gelder zurückzuzahlen. Das ist die Situation, und ein Ende der Einschränkungen ist nicht in Sicht. Wegen des engen Spielraums sei Kreativität gefragt, sagt Mösgen. Viele Kamener hätten das verstanden. Er bewundere ihr bürgerschaftliches Engagement und die Aktivitäten hiesiger Vereine. Es sei beachtlich, was trotz knapper Kassen an Veranstaltungen angeboten würde, sagt er. Sein Fazit: So schlecht geht es uns nicht.