Kamen. Morgen, am 1. September, kann das Kamener Stadtarchiv auf eine eigene, 10-jährige Geschichte am Standort im Alten Amtsgericht an der Bahnhofstraße zurück blicken.
Das Archiv verfügt über einen geräumigen Leseraum, in dem die Archivalien und die weiteren Unterlagen wie zum Beispiel Zeitungen, Fotos, Pläne, Skizzen usw. eingesehen werden können. Da die historischen Quellen Unikate sind, ist grundsätzlich keine Ausleihe möglich. Die Benutzung der Bestände ist aber kostenlos. Nur Fotokopien, Reproduktionen, Digitalisate oder ähnliches müssen mit einer geringen Gebühr vergütet werden.
Die Bestände beinhalten an Verwaltungsschriftgut mehr als 1 000 Urkunden auf Pergament oder Papier seit 1333. Die älteste Urkunde zeugt von dem Verkauf eines ,,Ackers von zwei Scheffeln Saat für 30 Schilling, getätigt von einem Bürger Barnbrooke. Hinzu kommen weitere ca. 8 000 Archivalien ab 1594. Außerdem werden auch die Protokollbücher der ehemals selbständigen Gemeinden Methler, Wasserkurl, Westick, Südkamen, Rottum, Derne, Heeren und Werve bis zur kommunalen Neuordnung 1968 aufbewahrt.
Wertvolle Beständedurch Bürgermithilfe
Das Kamener Archiv sammelt neben der behördlichen Überlieferung weitere historische Quellen zu Firmen, Persönlichkeiten, Schulen und Vereinen, die für das vielfältige Leben in einer Stadt interessant sind. Dazu gehören zum Beispiel Festschriften, Schüler-, Examens- oder Diplomarbeiten (mit lokalem Bezug), Plakate (mit Schwerpunkt Kulturveranstaltungen) und audio-visuelle Medien (Filme, Videos u.a.).
Kamen besitzt die größten und umfangreichsten Archivbestände im gesamten Kreis Unna, eine Tatsache, die auch der Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zu danken ist, Unterlagen und Erinnerungsstücke dem Archiv bzw. auch dem Museum zur Verfügung zu stellen.
Heute nun sind die historisch wertvollen Bestände im ehemaligen Amtsgericht an der Bahnhofstraße so untergebracht, dass die Anforderungen an Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Feuersicherheit weitestgehend erfüllt sind. Das war in früheren Zeiten nicht so.
Wo das erste Archiv in Kamen eingerichtet worden ist, verliert sich – wie erwähnt – im Nebel der Geschichte. Es ist aber davon auszugehen, dass es sich im alten Rathaus am Markt, was als Standort auch grundsätzlich sinnvoll ist, befunden hat. Belegt ist, dass das Archiv in seiner Geschichte einige Umzüge durchführen musste.
Grillo-Stollen diente im Krieg als Archivraum
Zumindest die wertvollsten Papiere waren während des 2. Weltkrieges in einem Stollen der Schachtanlage Grillo, teilweise auch in Lerche und in verschiedenen Privathaushalten untergebracht. So sind sie vor der Vernichtung bewahrt worden. Manche Akten fanden aber auch, als in Deutschland gehungert und gefroren wurde, als Brennmaterial oder Altpapier Verwendung.
Nach dem Krieg wurden die Unterlagen zunächst im als Bürgermeisterhaus bezeichneten Gebäude am Sesekedamm eingelagert, von wo sie in das Hinterhaus der Städtischen Sparkasse (damals an der Maibrücke), später auf den Boden des alten Rathauses und von dort wieder in den Keller des Bürgermeisterhauses gelangten, bevor das Archiv in ein anderes, leerstehendes und zum Abbruch bestimmtes Haus ausgelagert wurde. Später folgte die Auslagerung der Bestände in das Kellergeschoß des neuen Rathauses, das 1976 der Öffentlichkeit übergeben worden war. Auch hier aber waren die äußeren Bedingungen nicht gegeben, um eine effektive Bestandserhaltung zu gewährleisten. Insbesondere war eine Arbeit an und mit den Archivalien, gerade auch für Benutzer, in diesem Umfeld nicht möglich.
Dem konnten und wollten sich Politik und Verwal-tung in den 1990er Jahren nicht länger verschließen. Der Stadtrat beschloss, dem Stadtarchiv und einer Neugründung eines stadtgeschichtlichen Museums im ehemaligen Amtsgerichtsgebäude an der Bahnhofstraße ein neues und besseres Domizil zur Verfügung zu stellen. In seiner Festrede zur Eröffnung am 1. September lobte der Leiter des Westfälischen Archivamtes in Münster, Prof. Norbert Reimann, das renovierte Haus und den Umzug dorthin als Quantensprung in der Geschichte des Kamener Archivs.