
Kamen. Seit zehn Jahren erst besteht in Kamen ein viergliedrigeres Schulsystem mit Gymnasium, Gesamtschule, Realschule und Hauptschule.
Hier aber funktioniert dieses System bestens, betonen Schulträger, Politik und Hauptschulleiterin im Sommergespräch unserer Redaktion. Wünschen würden sie sich zehn weitere Jahre ohne Experimente mit Zeit für eine ruhige Weiterentwicklung.
Margarete Brinkmann bevorzugt die leisen Töne. Dass ihre Hauptschule bei der Qualitätsanalyse der Bezirksregierung ein glattes Sehr gut erhielt, müssen da schon der städtische Beigeordnete Reiner Brüggemann und Schulausschussvorsitzender Joachim Eckardt im Sommergespräch unserer Redaktion erzählen. Auch wegen solcher Noten sehen sie in Kamen wenig Bedarf an Änderungen bei den weiterführenden Schulen.
Das funktioniert wunderbar und wird noch ein Weile halten, zeigt sich Joachim Eckardt überzeugt. Der SPD-Kommunalpolitiker leitet selbst in Dortmund eine Hauptschule. Dass die Zahl der Eingangsschüler an der Hauptschule in Kamen weiterhin stabil ist oder sogar steigt, hat für Reiner Brüggemann klare Gründe: Das hat etwas mit pädagogischer Qualität zu tun. Außerdem wirke sich auf die Anmeldezahlen aus, dass Hauptschulen in Nachbargemeinden aufgegeben werden. Die Kamener Hauptschule erlebte zum Beginn des Schuljahres 2010/11 Schülerzuwachs mit 55 Neuanmeldungen und Bildung von drei Klassen. Ähnlich gut sind die Erwartungen für Folgejahre.
Die kleinen Klassengrößen seien ein großer Vorteil, betont Margarete Brinkmann. So sei individuelle Förderung besser möglich. Man könne neue Modelle testen und weiter entwickeln. Solche individuellen Konzepte zu Sprachförderung, Integration und Inklusion aber erforderten hohen Personaleinsatz, jenseits der eigentlichen Unterrichtsstunden.
Das neue Theaterprojekt zur Berufswahl gehört zu den immer neuen Versuchen, gezielt Lösungen zu schaffen. Sehr erfolgreich sei die Berufseinstiegsbegleitung durch zwei Vollzeitstellen. Brinkmann: Das sind Projekte, die sich wirklich auszahlen.
Gerade die Praxisnähe, das Bemühen um frühe und vielfältige Betriebserfahrungen, zeichne die Hauptschule aus. Die Kooperation mit örtlichen Betrieben würde sie gerne noch ausweiten, um die direkte Vermittlung von Hauptschulabgängern in Ausbildungsplätze zu verbessern.
Joachim Eckardt weiß, dass bei gleichen Abschlüssen der Titel Hauptschule auf dem Zeugnis immer noch ein Nachteil sein könne: Wir müssen wieder mehr dahin kommen, den Menschen zu sehen, wünscht er sich. Margarete Brinkmann hofft, dass bei Ausbildungsgängen künftig stärker differenziert wird. Viele Ausbildungsgänge seien überfrachtet mit Technik und immer höheren Anforderungen.
Sie begrüßt ausdrücklich, dass der Beruf der Pflegehelferin geschaffen wird für diejenigen, die Talent und Einsatz mitbringen für diesen Bereich, aber vielleicht nicht so sehr für medizinisches HighTech. Für ihre Schüler sieht Margarete Brinkmann im wachsenden Facharbeitermangel steigende Chancen. Allerdings müssten sich die Jugendlichen öffnen für die heutige Vielfalt von Ausbildungsgängen und nicht immer nur KFZ-Mechaniker werden wollen.
Grundsätzlich sieht sie deutliche Verbesserungen beim Image der Hauptschule. Das bestätigten viele Besucherkontakte. Schon allein das Gebäude und die hervorragende Ausstattung der Kamener Schule überraschten oft. Hier stellt sie der Stadt als Schulträger ein großes Lob aus. Offene Wünsche in Sachen Ausstattung gebe es nicht.
Reiner Brüggemann nimmt dieses Lob gern entgegen, sieht aber den großen Vorteil dabei in der Größe Kamens. Hier gebe es kurze Wege, hohe Transparenz und eben nur eine Hauptschule, um die sich die Stadt kümmere. Auch die Zusammenarbeit zwischen den weiterführenden Schulen sei so einfacher herzustellen.
Auch dieser Kooperation aber stellt Margarete Brinkmann ein hervorragendes Zeugnis aus. Gehe es zum Beispiel um Schulwechsel, dann stimme man sich in Kamen intensiv ab und finde die beste Lösung für die betroffenen Schüler.
Angesichts solcher Urteile wundert nicht, dass Gemeinschaftsschule in und für Kamen kein Thema ist zumindest nicht in absehbarer Zeit, so Brüggemann. Die Stadt stelle sich flexibel auf für veränderte Rahmenbedingungen. Eine Gemeinschaftsschule in Kamen stehe auch nicht auf der Tagesordnung von Politik, bekräftigt Joachim Eckardt. Das sei dort anderes, wo Schülerzahlen das erforderten.
Er hoffe, so Joachim Eckardt, das laufende schulpolitische Debatten im Land schnell zu einem Abschluss kommen, und dass man dann einmal einen Jahrgang ohne weitere Experimente durch die Schule führen könne, um dann in Ruhe Bilanz zu ziehen.