Kreis Unna. Die Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) feiert am morgigen Donnerstag ihren 50. Geburtstag. Was vor 50 Jahren zählte und was heute wichtig ist, darüber sprachen wir mit dem WFG-Geschäftsführer Dr. Michael Dannebom.
Wozu braucht man eine Wirtschaftsförderung?
Dr. Michael Dannebom: Na ja, ohne die WFG würde es zum Beispiel die Marina Rünthe in Bergkamen, den Golfplatz in Fröndenberg aber auch etliche Industrie- und Gewerbegebiete im Kreis Unna nicht geben. Vergessen Sie nicht, dass diese Wirtschaftsförderungsgesellschaft das erste Industriegebiet Deutschlands auf den Weg gebracht hat.
Das kann doch auch eine Kommune selbst…
Das bezweifle ich. Wir bringen ja die komplette Planung auf den Weg. Je nach Ansiedlung kümmern wir uns um den Grunderwerb einer Fläche, sorgen für einen Autobahnanschluss und sehen zu, dass die Fläche erschlossen ist. Nicht zu vergessen die Vermarktung. Dafür hätte eine kleinere Kommune wie Bönen überhaupt nicht das Personal. Außerdem blicken wir über den Tellerrand und berücksichtigen bei einer Ansiedlung auch den regionalen Aspekt.
Wie regional denken Sie denn?
Logistik, Maschinenbau, Entsorgungstechnologie, Energiewissenschaften… auf diesen Gebieten sind wir wirklich gut aufgestellt. Oder das Stichwort Ausbildungsmessen wie die am 23. September stattfindende Messe Perspektive Technik. Das sind doch längst Projekte für den gesamten Kreis und nicht nur für eine einzelne Kommune.
Dennoch will jede Kommune den großen Ansiedlungscoup für sich vermelden.
Eben nicht mehr, deshalb gibt es uns ja. In unserem Aufsichtsrat gibt es keine Diskussion darüber, warum habt ihr die oder jene Firma in Werne und nicht in Unna angesiedelt. Ich glaube auch, dass mit rein kommunal ausgerichteten Wirtschaftsförderern so manche Ansiedlung an dem Kreis Unna vorbeigegangen wäre.
Freuen Sie sich eigentlich über die vielen Autobahnen im Kreis Unna?
Ja, wenn ich das Thema Logistik nehme. Diese Topographie hat den Kreis zu einem wichtigen Logistikstandort gemacht. Ich weiß aber auch, dass diese Topographie Fluch und Segen zugleich ist, wenn ich etwa an den Lärm denke.
Nennen Sie doch einmal wichtige Ansiedlungen.
Mit jeder Firma, die ich jetzt nenne, könnte sich eine andere Firma zurückgesetzt fühlen. Das möchte ich vermeiden. Also ohne Anspruch auf eine Rangliste: die Ansiedlung von Amazon in Werne, das Warenverteilzentrum in Unna-Königsborn oder das Produktionswerk Welser Profile in Bönen zeigen die Wirtschaftskraft der Region und natürlich noch viele weitere Unternehmen.
Warum müssen eigentlich so oft neue Flächen erschlossen werden?Es gibt doch auch genügend Leerstand in bestehenden Indugebieten.
Früher waren hier viele Arbeitsplätze Untertage. im Bergbau. Wir hatten also erst einmal einen großen Nachholbedarf an Flächen. Das Stichwort der Zukunft muss aber das nachhaltige Gewerbeflächen-Management sein. Wir werden trotzdem in Zukunft sicherlich weiterhin Gewerbeflächen erschließen, um handlungsfähig zu bleiben, aber nicht mehr in den Größenordnungen à la Bönen.
Gibt es viele leerstehende Flächen?
Sagen wir es einmal so: Wir haben eine gut gefüllte Immobilienbörse. Wir sind deshalb in der Lage, auch in diesem Bereich neue Ansiedlungen anbieten zu können. Vieles steht und fällt aber auch mit den abtretenden Eigentümern. Oft gibt es dort kuriose Preisvorstellungen, die viel zu hoch sind. Dann gibt es leider einen langfristigen Leerstand.
Thema erneuerbare Energien. Ist der Kreis in dem Bereich gut aufgestellt?
Das Thema Energiesparen zum Beispiel besetzt die WFG längst, übrigens mit großer Nachfrage bei den Firmen. Es gibt im Kreis Unna zudem viele Unternehmen wie LTi, Stromag oder ZF in Holzwickede, die wichtige Teile für sanfte Energiegewinnung liefern
Ausgerechnet zum 50. Geburtstag wurde die Arbeit der WFG in Frage gestellt. Sie seien zu teuer hieß es.
Wir benötigen pro Jahr zwischen 600 000 und 700 000 Euro. Wir haben aber ein Ausgabevolumen von 1,9 Millionen Euro. Das heißt, wir erwirtschaften bereits einen Großteil der Ausgaben selbst. Schauen Sie sich doch einmal um, welche Wirtschaftsförderung das von sich behaupten kann. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass wir zudem Unternehmen betreuen und mit vielen Fachmessen und durch Netzwerke Arbeitsplätze sichern und schaffen.