Kamen. Betroffenheit prägt die Gesichter. Flackernde Kerzen beleuchten die Namen von zehn Opfern rassistischen rechtsradikalen Mordens. Zusammenhalt demonstrierten Kamener mit und ohne türkischen Familienhintergrund am gestrigen Abend als Antwort auf rechten Terror im eigenen Land.
Kaya Gercek fiel es schwer, als einer der fünf Aufrufer zu der spontanen Mahnwache Worte zu finden. Ergriffen wirkte auch Aziz Özkir. Der SPD-Ratsvertreter und der Integrationsratsvorsitzende hatten außerhalb formaler Gremien zusammen mit Mehmet Akça, Gökçen Kuru und Mustafa Yücel reagieren müssen auf die Nachrichten der Vortage. Das ging uns durch die Seele, sagt Aziz Özkir. Und weiter: Wir mussten einfach etwas tun.
Dem schlossen sich nicht nur türkische Freunde an, nicht nur Vertreter fast aller politischer Parteien in der Stadt. Ein katholischer Seelsorger reihte sich ein und auch mehrere Jugendliche, die im Kulturcafé an der Poststraße nur wenige Minuten zuvor von der Mahnwache gehört hatten: Wir fanden das einfach gut.
Dass sie diese Reaktionen stolz machen, bekannten Bürgermeister Hermann Hupe und Landrat Michael Makiolla, die fast ebenso kurzfristig Einladungen gefolgt waren. Michael Makiolla räumte ein, er sei als Chef einer Polizeibehörde beschämt darüber, dass es nicht gelungen sei diese Mordserie zu stoppen oder gar zu verhindern. Er hätte noch vor wenigen Tagen eine solche Entwicklung nicht für möglich gehalten. Er versprach, im Kreis Unna werde jeder Hinweis ernst genommen, der auf solche Täter deute. Auch Propagandataten werde man hier nicht als Kinderei abtun, sondern mit aller Macht verfolgen.
Gemeinschaft ernst nehmen
Bürgermeister Hermann Hupe betonte die Einheit der Menschen in der Stadt. Angesichts der Fakten zu diesem ausländerfeindlichen Terror quer durch die Politik werde widerlegt, wer rechten und linken Terror gleichsetzen wolle. Es dürfe kein Vergessen und kein Verdrängen mehr geben, forderte er.
Aziz Özkir erinnerte in deutscher und türkischer Sprache daran, dass Kamener mit türkischem Familienhintergrund heute, 50 Jahre nach dem Beginn der Anwerbungen für den Bergbau, längst hier heimisch und Teil einer Gemeinschaft sind: Wir sind Deutschland. Er klagte auch an: Wie lange soll dieses Morden denn noch gehen?
Gemeinsam mit neun weiteren türkisch stämmigen Kamenern zeigte er, dass sie das Wort Gemeinschaft ernst meinen. Sie präsentierten die Namen der zehn Todesopfer. Zwischen Yunus Turgut und Enver Simsek stand da Michelle Kiesewetter. Der von den gleichen Tätern ermordeten deutschen Polizistin galt die Mahnwache gleicher Maßen. Aziz Özkir: Wir hoffen, dass solche Taten in der Zukunft nicht mehr vorkommen.