Hinterlassenschaften

Wasserkurl. Ein über Jahrzehnte vergessenes Pumpwerk auf Massener Gebiet leitet einen kokereispezifischen Altlastencocktail je nach Wetter entweder in die renaturierte Körne oder zum damit überforderten Körnebachklärwerk. Eine Lösung ist im Gewirr unklarer Verantwortlichkeiten nicht in Sicht.

Immerhin steht die Quelle fest, so berichtete jetzt Jürgen Werner von der Wasserbehörde des Kreises Unna der Kamener Verwaltung und Politik. Ein altes Teerölbecken der Schachtanlage Massen entlässt entsprechende Belastungen in das Umfeld. Die landen mit dem Grundwasser über entsprechende Entwässerungs-Drainagen an dem Massener Pumpwerk, für das es nach Kreisauskunft keinerlei Genehmigungsunterlagen gibt. Dennoch pumpt dieses Pumpwerk seit Jahrzehnten Wasser aus der durch Bergsenkungen entstandenen Tieflage in Richtung Wasserkurl. Dort gelangt es in die Lippeverbandskanalisation und zum Kamener Klärwerk. Bei starkem Regen, wie zum Beispiel gestern, wird dieses Wasser „abgeschlagen” und fließt direkt über den Südbach in Wasserkurl in die renaturierte Körne – mitsamt Benzolanteilen und krebserregenden PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe).

Eigentümer des Pumpwerkes ist inzwischen ein Unternehmen in den USA. Dort lehnt man jede Investition in eine Vorbehandlung des Wassers ab. Eine Sanierung des Massener Teerölbeckens dagegen ist dem heutigen Nutzer der Fläche, einem Autoverwerter, kaum anzulasten.

Jürgen Werner kennt die Geschichte des Vorganges. Anfang des 19. Jahrhunderts entstanden die Schachtanlage Massen. Nach Förderende traten Bergsenkungen auf. Die Schächte gehörten zeitweilig Harpen, dann der Heinrich Bergbau AG, die sich später in Heinrich Industrie umfirmierte. Das Pumpwerk wurde 1936 errichtet – ohne behördliche Begleitung. 2004 übernahm ein US-Unternehmen Teile des Geländes und auch die Verantwortung für das Heinrichshütten-Pumpwerk.

Verhandelt wird derzeit darüber, ob das Unternehmen das Pumpwerk zumindest baulich in Stand setzt, dann womöglich gegen Entschädigung für Nachfolgekosten an den Lippeverband überträgt. Zugleich müsste die Anlage nachträglich „legalisiert” werden. Ob das Pumpwasser künftig vor Ort vorgereinigt wird, bliebe auch dann offen. Rechtlich könnte herauskommen, so Werner, dass durch die Verdünnung mit weiteren Wassermengen die Belastung tolerabel sei. Messungen sollen jetzt erfolgen. Zwar pumpe die Anlage mit mehr als 350 000 Kubikmetern jährlich „eine sehr große Menge” Wasser, so Werner. Im Körnebach aber vermische sich das im Verhältnis 5 zu 1000.

Die Stadt Kamen sieht neben den ökologischen Aspekten auch finanzielle. Kamen werde mit Abwasser belastet, für das es nicht zuständig sei. Eher verblüfft reagiert die Politik. Petra Hartig kommentiert für die SPD, es sei schon sehr irritierend, wenn solche Stoffe in die renaturierte Körne eingelassen würden. Für die CDU wundert sich Reinhard Hasler, wieso nicht an die Ursache herangegangen werde.