Kamen.Das größte Kaufhaus der Stadt steht seit 940 Tagen leer, das kurze Gastspiel eines Restpostenverramschers Ende 2009 nicht eingerechnet. Hertie in Kamen schloss am 8. August 2009 für immer seine Türen. Seitdem tut sich an diesem einst blühenden Handelsstandort nichts mehr.
Immer mal wieder machte Bürgermeister Hermann Hupe in den letzten Jahren Hoffnungen auf ein baldiges Ende des unerfreulichen Leerstandes im Zentrum seiner Stadt. Und auch der zuständige Immobilienmakler der BNP Paribas Real Estate, Christoph Meyer, wiederholte wie ein Mantra auf jede Anfrage, dass es selbstverständlich Interessenten gebe. De facto passiert ist nichts, wenn man davon absieht, dass das ohnehin unter ästhetischen Gesichtspunkte eher hässliche Beton-Gebäude ungenutzt vor sich hingammelt. Nur die Autofahrer können nicht klagen, sie dürfen die Parkpalette auf dem Dach weiterhin kostenfrei nutzen.
Grundsteuern schaffenneues Konfliktthema
Noch im September vergangenen Jahres hatte Christoph Meyer, damals noch Mitglied der Geschäftsleitung von BNP Paribas Real Estate, erneut Hoffnungen auf eine bevorstehende Veräußerung der Kamener Immobilie gemacht. Zu diesem Zeitpunkt hatte er immerhin schon 30 Hertie-Häuser an anderen deutschen Standorten erfolgreich neuen Käufern zu geführt. Doch auch aus dieser Ankündigung wurde nichts, weil, so die Begründung damals, die Eigentümerseite sämtliche Verkaufsoptionen auf den Prüfstand stellt.
Wie unsere Zeitung aus Insiderkreisen erfuhr, soll es auf der Inhaberseite – in Kamen ist dies die holländische HIDD Kamen BV – zu einer Machtverschiebung zwischen Alteigentümern (u.a. Dawnay Day) und Kredit gebenden Banken (u.a. Deutsche Bank) gekommen sein. Zudem soll es zwischen den Parteien Streit über seit 2008 nicht mehr gezahlte Grundsteuern an Kommunen der Hertie-Standorte gegeben haben. Die Gesamtsumme dürfte Schätzungen zufolge bei einem hohen zweistelligen Millionenbetrag liegen.
Auch in Kamen spielt das Thema Grundsteuern eine, wenn auch nur untergeordnete Rolle. Anders als andere Kommunen nämlich hat die Kamener Stadtverwaltung dem Eigentümer gegenüber im Rahmen der ihr gebotenen Möglichkeiten Rückstände nachdrücklich eingefordert. Wie genau, dazu wollte sich Bürgermeister Hermann Hupe nicht äußern. Gängige Praxis in solchen Fällen ist aber die Einleitung eines Zwangsversteigerungsverfahrens das bei Zahlung wieder eingestellt wird. In Kamen jedenfalls haben die Hauseigentümer alle fälligen Grundabgaben gezahlt, lediglich für das zweite Halbjahr 2011 ist noch eine Rate offen.
Christoph Meyersteigt aus
Inzwischen ist es März 2012, und für viele überraschend ist Christoph Meyer, der seit Jahren die Hertie-Immobilien vermarktete, aus den Unternehmen BNP ausgeschieden. Offiziell verlässt er die Firma erst im Juni, derzeit ist er frei gestellt. Er sei auf eigenen Wunsch gegangen, weil mir bestimmte Entwicklungen nicht mehr gefallen haben, erklärte er gestern auf Anfrage. Bei BNP gibt man sich derweil zugeknöpft: Wir geben zu diesem Themenkomplex derzeit überhaupt keine Stellungnahmen mehr ab, sagt Chantal Schaum, Leiterin der Presseabteilung. Und so herrscht Funkstille, wenn es um Hertie geht – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn.
Zuversicht schwindetauch im Rathaus
Auch Hermann Hupe wirkt längst nicht mehr so zuversichtlich und hoffnungsfroh. Ich sehe nirgends Anzeichen für einen Verkaufsabschluss. Das ist umso ärgerlicher, weil es Interessenten und Projektentwickler gibt, die aber nicht zum Zuge kommen, weil Eigentümer und Gläubigerseite Entscheidungen blockieren. Mehrfach hoffte auch die Stadtverwaltung, dass nun Bewegung in Preisforderungen und Verkaufsverhandlungen käme, bis heute erfüllte sich solche Hoffnung nicht.