Heeren-Werve. Der Urwald von morgen liegt direkt vor der eigenen Haustür. Das Heerener Holz, ein 64 Hektar großer Staatsforst, steht unter Naturschutz. Rund die Hälfte der Fläche ist eine Naturwaldzelle.
Ein Gebiet, in dem der Wald seiner natürlichen Entwicklung überlassen wird. Hier bildet er mit seinem Artenreichtum ein außergewöhnliches Ökosystem, in dem sich manche Schätze entdecken lassen.
Dazu allerdings muss man, was eigentlich nicht erlaubt ist, die beiden Hauptwege verlassen. Denn das Heerener Holz darf man nur auf den beiden Hauptwegen durchqueren. Die zahlreichen Trampelpfade verraten allerdings, dass die Heerener ihr Naherholungsgebiet nicht nur auf den ausgewiesenen Wegen nutzen.
Revierförster Matthias Müller ist seit elf Jahren für diesen Wald zuständig. Es wäre im Sinne des Naturschutzes natürlich schön, wenn sich die Leute an die Bestimmungen halten würden. Besonders ärgerlich aber ist es, wenn man vor allem im Naturwald noch Bierdosen und Papiermüll findet, sagt er. Gerne aber führt er Interessenten durch das einzigartige Biotop. Für Schulklassen und Kindergärten, die sich bei ihm melden, ist dieses Angebot gratis. Erwachsene aber müssen dafür bezahlen.
Seltene Moose und Pilze
Was Müller zu erzählen und vor allem zu zeigen hat, ist durchaus spannend und beeindruckend. Seltene Moose, Pilze und Flechten wachsen hier. Totholz, also abgestorbene Bäume, bilden einen neuen Lebensraum für Käfer und Vögel. Matthias Müller kennt hier fast jeden Baum naja, wenigstens die größten. Einer seiner Lieblinge steht mittendrin und bietet einen imposanten Anblick. Es ist eine rund 150 Jahre alte Esche mit einem Stammumfang von mehr als vier Metern und einer Höhe von gut und gerne 35 Metern. In Nordrhein-Westfalen muss man lange suchen, um ein vergleichbares Exemplar zu finden, sagt Müller.
Aber auch eine andere Baumart, die kaum sonst in der Region so häufig vorkommt, findet man in Heeren. Es ist die Flatterulme, die durch ihre typischen brettartigen Wurzeln am Fuß des Stammes auffällt. Neben Stieleichen, Buchen und Hainbuchen ist die Flatterulme die hier am häufigsten vorkommende Art, erklärt Müller.
Beim Gang durch die Naturwaldzelle wird auch deutlich, dass im Wald ein täglicher Überlebenskampf der Arten stattfindet. An einer Stelle hat es vier mächtige Buchen erwischt. Deren Wurzeln aufgrund der Feuchtigkeit abgefault sind. Die Waldriesen haben dadurch ihre Standfestigkeit verloren und sind wie beim Domino der Reihe nach umgekippt. Ein paar Eichen drum herum freuen sich nun, sagt Müller. Sie haben den Konkurrenzkampf an dieser Stelle um Nährstoffe und Licht gewonnen und können jetzt ungestört wachsen.
Dass das Naturschutzgebiet Heerener Holz nicht kommerziell bewirtschaftet wird, heißt nicht, dass forstwirtschaftlich gar nicht eingegriffen wird. Seit der Übernahme des Heerener Waldes durch das Land in den 90er Jahren und der Ausweisung als Naturschutzgebiet verfolgt die Landesforstverwaltung das Ziel, nicht typisch vorkommende Baumarten zu verdrängen, insbesondere Pappel und Lärche. Diesen Prozess unterstützen wir seit mehr als zehn Jahren durch behutsames Auslichten auf ausgesuchten Flächen.
Behutsamer Umgang
Dass Kamen mit größeren geschlossenen Waldflächen nicht gerade gesegnet ist, ist für Müller auch ein Argument dafür, mit diesen wenigen Flächen behutsam umzugehen. Gerade im Wald kann man Natur hautnah erleben. Wer beim Spaziergang die Belange des Naturschutzes beachtet, keine jungen Triebe abknickt und vor allem keinen Müll ablädt, trägt mit dazu bei, diesen einzigartigen Lebensraum zu erhalten.