Alter als Anlass für Diskriminierung

Südkamen. Für 75-jährige kann es schwer sein, ein Auto zu mieten. Definitiv aber muss man in Kamen in diesem Alter aus dem Presbyterium der ev. Gemeinde ausscheiden, kritisiert Presbyter Hans-Dieter Heidenreich. Zur Debatte über solche Formen von Diskriminierung im Alter riefen Männerdienst und Polizeigewerkschaft am Mittwochabend im Buxtorffhaus auf.

Alter habe einmal für Lebensweisheit gestanden und sei entsprechend gewürdigt worden, so Alfred Weber. Heute verbinde man Alter oft eher mit Senilität, Krankheit und Kosten, betont er. Auch deshalb stieß der Presbyter der ev. Kirchengemeinde eine Podiumsdiskussion über Altersdiskriminierung mit an. In deren Zentrum stand am Ende vor allem die Debatte um Angst vor Altersarmut.

Dass es Altersdiskriminierung gibt, davon zeigten sich alle Vertreter auf dem Podium überzeugt. Superintendentin Annette Muhr-Nelson räumte auch ein, dass über eine Altersgrenze von Presbytern unabhängig von deren Fitness und Einsatzbereitschaft diskutiert werden müsse. Sie rief dazu auf, insgesamt die Chancen des Alters zu entdecken und nicht nur negativ besetzt über Demografie zu reden. Und sie stützte sich dazu auf religiöse Grundsätze. Das Gebot, Mutter und Vater zu ehren, wende sich nicht an Kinder, sondern regle den Umgang von Erwachsenen mit der Großeltern-Generation.

Die CDU-Landtagsabgeordnete Ina Scharrenbach hält Altersdiskriminierung keineswegs für neu. Nachteile bei Kreditregelungen, Zusatzversicherung oder auch einer Wohnungsvermietung habe es früher schon gegeben. Sie rief dazu auf, aktiv gegen solche Diskriminierungen anzugehen, sie öffentlich zu machen, damit dagegen angegangen werden kann.

Bürgermeister Hermann Hupe sieht auch positive Entwicklungen. Die Bedeutung der Senioren in der Familie sei heute wieder gewachsen, die Jungen schätzten dieses Zusammensein. Doch zugleich schaffe die Rentenentwicklung Spannungen. Dabei missgönnten die Jungen den Älteren ihre Rente in der Regel nicht, sie sorgten sich nur darum, ob es für sie eine ähnliche Perspektive gebe.

Anton Wiemers engagiert sich als Vertreter der Gewerkschaft der Polizei seit längerem in der Seniorenpolitik. Die Gewerkschaften hätten dieses Potenzial nicht erkannt, fokussierten sich weiter vor allem auf Berufstätige. Allerdings sieht er auch Handlungsfelder für die Polizei, wenn Altenpflege zum Geschäft mit negativen Auswüchsen zu werden drohe.

Als Landtagsabgeordneter der SPD warb Rüdiger Weiß für eine offene Debatte über die Rente mit 67, wenn auch nicht für jeden und für jeden Beruf. Er fordert dahin zu kommen, dass Altersangaben bei Bewerbungen wegfallen, um für gleiche Chancen zu sorgen.

Streitthema Rentenpolitik

Emotionen hoch schlagen ließ in der Debatte im Buxtorfhaus vor allem das Thema Rente. Altersdiskriminierung sei, wenn bei einem Rentenniveau von 43 Prozent vom Nettoverdienst das Geld nicht für ein Leben in Würde reiche, betonte ein Rentner. Genau das sei die Perspektive, wenn man als 25-Jähriger in Jobs einsteigen müsse, bei denen man gerade mal 1200 oder 1400 Euro verdiene, ergänzte ein jüngerer Debattenteilnehmer. Auskömmlichkeit müsse ein Ziel sein so Rüdiger Weiß: „Sonst fliegt uns die Gesellschaft um die Ohren.“

Eine Sorge vieler Kamener gilt dabei auch der Frage, ob es Diskriminierung aus Altersgründen oder auch nur des Versicherungsstatus wegen bei der medizinischen Versorgung gebe. Bürgermeister Hermann Hupe schloss beides nicht aus, versprach aber als Verwaltungsratsvorsitzender des Kamener Krankenhauses: eine Altersdiskriminierung bei der medizinischen Versorgung dort sei ausgeschlossen.