Kamen. Straßennamen verändern sich im Laufe der Zeit. Der Schleppweg etwa hat eine ganz eigene Geschichte. Der eigentliche Schleppweg ist die heutige Südkamener Straße zwischen der Unnaer Straße und der Dortmunder Allee.
In den 1920er Jahren wurde Unter dem Schleppwege eine Zechensiedlung gebaut, aus den parallel laufenden Straßen wurde der Obere und Untere Schleppweg. Nach der Einweihung des Südkamener Friedhofs wurde aus dem Oberen Schleppweg die Südkamener Straße; das nun unnütze Untere verschwand vom Straßenschild.
Der Name kommt ursprünglich von Schliepweg. Die Schliepe ist ein einfaches Holzgestell aus zwei gleich langen Stangen, die durch Querstangen verbunden sind. darauf nagelt man ein paar Bretter. Mit der Schliepe transportierten Bauern etwa Mist aus dem Stall und andere Dinge, mit denen sie die Radkarre nicht beschmutzen wollten.
Mit der Schliepe Gehängte getragen
Die Schliepe spielte nach einem Todesurteil durch den Strick eine wichtige Rolle. Am heutigen Südweg, kurz vor der Ortsgrenze, stand ein gegen Dortmund gerichteter Galgen eine deutliche Warnung für Fremde, Gauner und Mörder. Kam es wirklich einmal zu einem Todesurteil, wurden die meist schon durch den Strick erwürgten dort aufgehängt.
Dieses Schauspiel ließen sich viele Bürger im Mittelalter möglichst nicht entgehen. Sie zogen mit Proviant, Kind und Kegel zum Richtplatz. Die Bauern in der Nachbarschaft hatten dabei das Nachsehen mit ihren zertrampelten Äckern.
Was von dem Menschen, der dort hing, nach einigen Wochen übrig war, musste unter die Erde. Nur die Ärmsten der Armen waren zu diesem Dienst bereit. Niemand hätte aber seinen Wagen oder eine Karre dafür hergegeben, hier kam die Schliepe zum Einsatz. Statt der Querbretter spannte man ein altes Tuch in den Rahmen, darin wurde dann später die Leiche eingewickelt. Auf dem Kirchhof durften die Toten nicht, sie kamen auch nicht in den Himmel. Wo die Leichen verscharrt wurden, ließ sich aus Kamener Akten nicht nachvollziehen.
Auf Armenfriedhof beerdigt
In einigen Berichten steht, man habe sie wohl auf Armenfriedhöfen verscharrt. Diese lagen meist vor der Stadtmauer und waren gedacht für Ungetaufte, Ausgestoßene und für Fremde, die kein Geld für die Stolgebühren, dem Priesterhonorar, hatten.
Um Seuchen zu vermeiden, hatte jede Schicht (Nachbarschaften) einen von der Stadt zugewiesenen Ort, an dem sie Tierkadaver oder Schlachtreste entsorgen musste. Dieser sogenannte Filleplatz lag für die Mühlenschichten auf dem Gebiet mit der Flurbezeichnung Steinacker, ein Stück unterhalb des Schliepweges. Ob man die armen Sünder vielleicht gleich dort gelassen hat, wer weiß?