Kamen. Was tun, wenn Mutter plötzlich den Ofen anlässt oder in der Nacht das Haus verlässt, um zum Friseurtermin zu eilen? Oder wenn Mutter stirbt und die erwachsenen Kinder, die weit entfernt leben, feststellen, dass Vater sein Leben ohne Hilfe nicht mehr bewältigen kann?
Solange der Alltag für demente Menschen eine Struktur habe, wiederkehrende Dinge ihm Stabilität gäben solange könnten sie häufig auch eine Fassade der Normalität aufrecht erhalten, sagt Anne Kappelhoff vom Pflegestützpunkt des Kreises Unna im Severinshaus an der Nordenmauer. Treten aber unverhoffte Ereignisse ein, spielen Körper und Geist nicht mehr mit und sind alte Menschen hilflos. Meist kümmern sich dann Familienangehörige um sie.
Experten gehen davon aus, dass im Jahr 2030 rund 4 200 Kamener über 80 Jahre alt sind. Viele von ihnen auch das sagen Prognosen werden an Demenz leiden. Wer wird sich um sie kümmern, wenn sie allein nicht mehr zurecht kommen, aber ihre gewohnte häusliche Umgebung nicht verlassen wollen? Zur Zeit hilft die Pflegeversicherung vor allem alten Menschen mit körperlichen Einschränkungen im Alltag. Ab dem 1. Januar aber bekommen erstmals auch demenziell Erkrankte in der ambulanten Pflege bessere und mehr Leistungen. Einige der Neuerungen der Pflegereform stellen wir hier vor.
Auch wenn bei ihnen keine anerkannte Pflegestufe vorliege, sagt Andrea Schulte vom Beratungsteam, erhielten Menschen, die an Demenz litten, ab Januar erstmals ein Pflegegeld von 120 Euro monatlich oder eine Pflegesachleistung von 250 Euro.
Auch die Beiträge für die Pflegestufen 1 und 2 werden erhöht. Bitten Angehörige, weil sie selber kurzfristig ausfallen, andere um Hilfe bei der Pflege das können Nachbarn oder andere Angehörige sein , so steht eine sogenannte Verhinderungspflege von 1550 Euro im Jahr zur Verfügung. Überdies gibt es einen Zuschuss in Höhe von 2557 Euro für Umbaumaßnahmen in der Wohnung.
Auch Senioren-Wohngemeinschaften, die attraktiv sind für Menschen, die nicht mehr selbstständig wohnen können, aber keine stationäre Pflege brauchen, werden künftig gefördert. Bei der Neugründung einer WG erhält jeder Bewohner einmalig 2500 Euro als Startzuschuss. Maximal werden 10000 Euro je Wohngruppe gezahlt. Mit diesem Geld können zusätzlich zu den heutigen Zuschüssen von einmalig 2557 Euro für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds weitere altersgerechte Umbauten finanziert werden. Beispielsweise eine barrierearme Dusche. Voraussetzung für die Zahlungen ist, dass mindestens drei Pflegebedürftige zusammenwohnen.
Eine weitere wichtige Neuerung der Pflegereform gilt bereits seit Oktober: Spätestens fünf Wochen nach Antragstellung soll der Bescheid der Pflegekasse beim Pflegebedürftigen vorliegen. Früher konnte es schon mal sechs Monate dauern, ehe so ein Bescheid zurückkam, erklärt Anne Kappelhoff. Inzwischen werden die Pflegekassen bestraft, wenn sie die Anträge nicht zügig bearbeiten und rauschschicken. 70 Euro für jede angefangene Woche muss die Kasse dem Antragsteller zahlen.