Kamener Exilanten grüßen die Heimat

Kamen. Erst Weihnachten, jetzt der Jahreswechsel: Hochsaison für Heimkehrer. Dieser Tage wimmelt’s in der Stadt von Kamenern, die längst woanders ihren Lebensmittelpunkt haben; ihre Heimat sehen sie aus der Distanz. Was sie noch mit Kamen verbindet, was sie der Stadt und ihren Bewohnern für 2013 wünschen – das haben uns ein paar von ihnen erzählt.

Von Heeren aus ins Radio

Kamenerin Sabine Heinrich lebt jetzt in KölnFoto: privat

Die prominenteste: Sabine Heinrich. Ihre Radio-Karriere begann die Heerenerin bei Antenne Unna; seit elf Jahren ist sie in Köln – unter anderem als Moderatorin bei „1Live“. In ihrer Stammkneipe am Rhein werde sie wahlweise „die Westfälin“ oder „das Pottmädchen“ genannt – „und zwar immer dann, wenn es um klare, kurze alkoholische Getränke geht oder ich die Sprache wieder nicht verstehe“. Sie fühle sich wohl in Köln, sagt Heinrich, aber das Heimweh befalle sie „immer wieder“. Egal, wo sie hinkomme: „Sehr gerne“ erzähle sie vom Schreibwarenhändler Willi Schulte, vom Rauschen des Kamener Kreuzes – und, dass die Hammer Straße ihr persönlicher Highway in die nächste „Metropole“ (Unna!) war. „Vielleicht schaffe ich es ja in 2013 mal wieder auf die Knickerkirmes.“ Ach ja, und: „Grüße an Liesl Meier aus der Frittenbude“.

Mit Kohle nach Lettland

Ein gutes Stück weiter weg von „Daheim“ hat sich Jonas Büchel niedergelassen: in Lettlands Hauptstadt Riga. Hier leitet der Sozialplaner und Stadtentwickler mit Wurzeln am Kamener Gartenplatz heute ein Institut für Urbanismus. Für seine eher beschauliche Heimatstadt hat er ein Kompliment parat, das nur von Banausen als Klage missverstanden werden könnte: Er trage, sagt Büchel, „jeden Tag in der Fremde einen großen Brocken Kamener Kohle mit sich herum“. Trotz seiner Sucht nach der „Droge Stadt“: In Jugendzeiten, Anfang und Mitte der 1980er-Jahre, habe ihm die „kleinstädtische und ein wenig bemutternde Atmosphäre“ Kamens Halt gegeben. Auf Reisen galt: „Nichts war schöner als zurückzukehren.“ Und heute? Büchel hat zwei Kinder, die sich anlässlich des anstehenden Weihnachtsbesuchs „auf nichts mehr gefreut haben, als ihre geliebte Eisdiele in Kamen zu erobern“. Ihr Papa wünscht sich, Kamen möge seinen Charme behalten und – wo’s an Geld mangelt – auf Erfahrung, Phantasie und Lebendigkeit vertrauen. Büchels Maxime: „Die kritischen Punkte benennen, aber dann zügig – und nicht mit ,Rumgenöle’ – Ideen verwirklichen.“

Lob für die schönste Stadt im Pott

Kamenerin Birgit Schneider-Bönninger ist jetzt in WolfsburgFoto: privat

Genau das macht seit Jahren Dr. Birgit Schneider-Bönninger, Kulturchefin in Wolfsburg. „Meine Heimatstadt Kamen ist meine kulturelle Wiege“, sagt sie. Noch mehr Schmeichelei gefällig? Bittesehr: „Ich wünsche der schönsten Stadt im Pott ein gutes Neues Jahr.“ Heimatgefühle hegt und pflegt die Exil-Kamenerin an ihrem Schreibtisch via Facebook. Und an der Wand hängt eine Fahne der Borussia.

Rockröhre bei der Zentralbank

Vom BVB zur EZB. Katrin Schneider arbeitet in Frankfurt am Main, in einer Kita der Europäischen Zentralbank. Da ist eine robuste Stimme hilfreich – „Women in Rock“, „Magic Radio Show“, das waren mitreißende Aufführungen in Kamen, Unna und sonstnochwo, an denen die stimmgewaltige Katrin „Ella“ Schneider mitwirkte. Nach Frankfurt ging sie 2007, „der Liebe wegen“. Sie mag die Großstadt, aber „es gibt auch diese Momente, in denen ich an die wunderschöne, gemütliche Zeit in Kamen denke“. Leider sei sie länger nicht hier gewesen. Drum der Wunsch fürs nächste Jahr: „Zu Besuch bei Menschen, die meine Sprache sprechen“.

Der Liebe wegen nach Süden

Michel Pape und OskarFoto: Privat

„Der Liebe wegen“ ist Michel Pape heute in Lörrach, an der Grenze zur Schweiz. Ein Job bei der Internationalen Handball-Föderation hatte ihn vor acht Jahren da hin verschlagen; prompt lernte er die Frau fürs Leben kennen und ist inzwischen Vater von Oskar (1), der 2013 immer mal Gelegenheit bekommen soll zu schauen, „wo die Wurzeln seines Papas liegen“. Pape senior sagt von sich: Er werde wohl „immer ein Kind des Ruhrgebiets bleiben – was mir meine neuen alemannischen Freunde häufig bestätigen“.

Arbeiten, wo andere Urlaub machen

Und vom Südwesten in den Norden. Heidrun Lindemann verbrachte Weihnachten gern in der „alten Heimat“ Kamen. Sonst aber lebt sie – seit 15 Jahren – in Deutschlands nördlichster Gemeinde und arbeitet in Deutschlands nördlichster Apotheke, auf Sylt. Da oben holt die Vergangenheit sie immer mal wieder ein: in Gestalt von Feriengästen aus Kamen oder Bergkamen.

Familiengründung in München

Marc Kniepkamp grüßt aus den Bergen und vom MeerFoto: Privat

Marc Kniepkamp meldet sich aus dem Süden – aus München. Da kümmert er sich „um die Seehofers, Merkels und Obamas dieser Welt“, als Politikredakteur bei der Tageszeitung tz. Reisen nach Kamen haben bei den Kniepkamps ihren festen Platz, „meine zwei Buben können den Besuch bei ihren Großeltern kaum erwarten“. Und im übrigen: „Ich wünsche Kamen und den Kamenern für das kommende Jahr viele Gründe zum Feiern – mit der Winterwelt tun sie das ja schon!“