Duracell-Damen im Minenfeld

Kamen. Hier ist alles anders. Treppen sind nicht einfach nur Stufen, sondern „Aufstiegsmöglichkeiten“. An den Wänden hängen Porträts von Behinderten, Eimer mit Namenszügen und Holzschachteln für jedes Kind. In der Küche stehen „Muttis“ und halten die Suppe warm. Es gibt einen „Quoten-Mann“, den es sogar seitens der Landesregierung „zu pflegen“ gilt.

Die „Familienbande“ ist einzigartig. Auch zur Eröffnung ihres Neubaus, der mitsamt Altbau auf 750 Quadratmetern alles unter einem Dach vereint, was Familie betrifft.

So einzigartig das Gebäude ist, so ungewöhnlich waren auch die offiziellen Worte zur Einweihung – passenderweise wortwörtlich eingeläutet von den Kindern. Bürgermeister Hermann Hupe verheimlichte nicht das „schwierige erste Gespräch“ und die „Skepsis“, die das gesamte Rathaus ergriffen hatte. Schließlich wollte die Familienbande mit dem Projekt Neubau „ein großes Rad drehen“, von dem niemand wusste, „woher die Kräfte dafür kommen sollten“.

Harter Kern von 50 Ehrenamtlichen

Gut 600 Kursteilnehmer und ein harter Kern von fast 50 Ehrenamtlichen haben sich mit ihren Vorstellungen durchgesetzt. Herausgekommen ist „ein neuer Teil Kamener Familienpolitik“ und „ein neues Verständnis vom Begriff Familienzentrum“. Am Ende hätten doch alle gemeinsam an einem Strang gezogen, denn: „Die Interessen der Kinder müssen unser besonderes Anliegen sein“, so Hupe. Jetzt gelte es, ein weiteres großes Rad zu drehen: Das organisatorische auf „einem Feld, das durchaus mit Minen ausgestattet ist“. Deshalb bot er die weitere Zusammenarbeit an.

Begeistert war auch Ministerialdirigentin Anne Katrin Bohle in Vertretung von NRW-Minister Michael Groschek von den „Duracell-Damen“ und ihrer nie versiegenden Energie. Im NRW-Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr sind sie bereits zum geflügelten Begriff mutiert. Bohle wollte nicht nur am Schreibtisch und aus den Antragsunterlagen sehen, wie „integrierte, zukunftsfähige Stadtentwicklung“ in der Praxis aussieht, wenn Bürger die Initiative ergreifen. „Ihnen Impulse zu geben, ist nicht nötig, Sie geben sie selbst“, betonte sie. „Sie machen Profiteure zu Teilnehmern“ – mit „Ausdauer, Beharrlichkeit auch gegenüber der Politik“. „Bürgerschaftliches Engagement und intelligente Förderpolitik“, die „in Zeiten knapper Kassen“ unerlässlich seien. „Diese Investition des Landes hat sich schon jetzt gelohnt“, lobte Bohle.

Nur mühsam hatten die vielen Gäste in den Saal des Stadtmuseums gepasst, in den man der Kälte wegen hatte ausweichen müssen. Zu den Trommel-Rhythmen von „Ramba Samba“ gab es hernach deutlich mehr Bewegungsfreiheit bei der Besichtigung der frisch gestalteten, hellen Räume. Der neue Multifunktionsraum, in dem sich künftig vom Kind bis zum Senior alle „inklusiv“ entfalten könne, wurde gleich passend eingeweiht: Mit einer großen Lichtanlage und Musik für alle. Denn für die Familienbande ist die „Utopie des Marktplatzes ohne Abstellgleise“ in diesen Räumen nicht unter den idyllischen Platanen des Südens, aber immerhin unter der Hochstraße Realität geworden.