Kamen. Nasse Keller, überschwemmte Straßen, Seenlandschaften auf den Feldern. Die Seseke geriet in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts immer wieder außer Kontrolle. Vor hundert Jahren anno 1913 wurde als Antwort darauf die Sesekegenossenschaft gegründet, Vorläufer des späteren Lippeverbandes.
Um 1910 waren Kamen, Bergka-men, Bönen, Unna und Lünen noch ländlich geprägt. Doch die Auswirkungen der Industrialisierung nahmen zu. Bereits 1862 hatte die Stadt Kamen die Saline Königsborn wegen Versalzung aus den Zuflüssen der Salzquelle Rollmanns Brunnen vor Gericht verklagt: Der Magistrat der Stadt Kamen führte Klage, die Fischerei werde vernichtet, das Sesekewasser sei zum Kochen nicht tauglich und die Wäsche werde beim Waschen beschädigt.
Die nicht seltenen Überschwem-mungen im Umland der Seseke wirkten sich durch die Beimengung von Abwässern und abgepumptem Grubenwasser schädlich auf überflutete Wiesen, Weiden und Felder aus. Durch zunehmende Bergsenkungen wurden immer größere Gebiete überschwemmt.
Auf Vorschlag der Bezirksregierung in Arnsberg erarbeitete im Jahr 1911 der Vorsteher des Bauamtes Dortmund der Emschergenossenschaft, Regierungsbaumeister E. Jöhrens, einen Entwurf für die Entwässerung des Sesekegebiets. Für die Umsetzung ging Jöhrens von einer wasserwirtschaftlichen Genossenschaft nach dem Vorbild der 1899 gegründeten Emschergenossenschaft aus.
Am 22. Januar 1912 trafen sich die Gründungsmitglieder aus Kommunen, Industrie und Ver-waltung in Dortmund. Am 5. Juni 1913 trat das im preußischen Landtag beschlossene Sesekegesetz in Kraft. Der neu gewählte Vorstand übertrug der Emschergenossenschaft die Verantwortung für die Regulierung der Gewässer.
Als erste Arbeit der Genossenschaft wurde der Braunebach in Methler ausgebaut. Die Genossenschaft verlegte dort ein Kanalnetz, leitete die Abwässer in den Braunebach, der mit Betonschalen ausgebaut wurde. Knapp vor dem 1. Weltkrieg wurde man damit fertig, während der Ausbau des Heerener Mühlbache, erst nach dem Krieg abgeschlossen werden konnte.
Bauentwürfe für Seseke und Körne wurden aufgestellt, die landespolizeiliche Prüfung zog sich aber kriegsbedingt bis 1920 hin. Im Körnegebiet hatte sich die Lage verschärft: Verkehr war oft unterbrochen, weil Flächen unter Wasser standen. Bei Hochwasser mussten Anwohner auf Brettersteigen ihre Häuser verlassen.
Vor allem in Kamen war häufig Land unter. Daher entschloss sich die Sesekegenossenschaft, die Reihenfolge des geplanten Ausbaus zu ändern und zunächst den Mühlenstau der Hilsingmühle zu beseitigen. Der eigentliche Ausbau der Seseke begann 1921, der trockene Sommer ermöglichte es, die Arbeiten von der Mühle bis Kamen abzuschließen. Innerhalb von Kamen war die Seseke schon damals durch Häuser eingeengt. Durch Vertiefung, Begradigung und Ausbau mit Ziegelsteinen gelang es, die Abwässer aus der Stadt halbwegs hygienisch abzuleiten. Dann aber ging durch die Inflation der frühen 1920er Jahre der Genossenschaft das Geld aus.
Erst Mitte der 1920er Jahre konnten die wichtigsten Bauarbeiten wieder aufgenommen werden. Unterdessen liefen bereits die Vor-bereitungen für die Gründung des Lippeverbandes im Januar 1926, in dem die Sesekegenossenschaft aufging.
Mit dem Auslaufen des Bergbaus in der Region in den 1980er Jahren wurde der weg wieder frei für eine naturnahe Seseke..