Die Seseke und der Ideenfluss: Renommierte Landschaftsarchitekten tagen heute, um sich auf die Ufer-Gestaltung einzustimmen. Sie sollen griffige
Gestaltungskonzepte vorlegen, die bis Mai von einer Jury bewertet werden.
Kamen"J"Genau zehn Jahre ist es her, als die Vertreter zahlreicher renommierter Architektenbüros die Innenstadt mit städtebaulich geschulten Blicken unter die Lupe nahmen. Mit dem Ortstermin am Willy-Brandt-Platz (Bild oben) stiegen sie ein in den Wettbewerb zur Neugestaltung der Fußgängerzone. Fünf Jahre später wandelten die Kamener Bürger über edlen Granit aus China, erfreuten sich an modernen Sitzbänken und futuristisch wirkenden Bodenleuchten.
Heute ist wieder so ein Tag. Ein Tag, an dem sich die Vordenker des modernen Städtebaus in Kamen versammeln. Dieses Mal steht das Sesekeufer im Mittelpunkt ihres Interesses. Das Einführungskolloquium, das um 9.30 Uhr bei den Gemeinschaftsstadtwerken an der Poststraße beginnt, bildet für die Landschaftsarchitekten den Auftakt eines neuen Städtebauwettbewerbs. Es wird spannend werden, prognostizierte gestern in Bochum Rebekka Junge, Mitglied der Jury, die bis Mai die Gestaltungskonzepte zu bewerten hat.
Herzblut-Aufgabe für den Architekten
Kai Spurling ist einer der Architekten, die sich mit der renaturierten Seseke auseinandersetzen werden. In Kamen ist er kein Unbekannter. Er hat die Innenstadtsanierung von Anfang an begleitet, zählte damals zum Siegerbüro scape, das der Kamener Innenstadt eine neue Handschrift verliehen hat. Jetzt tritt er für das Düsseldorfer Büro GTL Landschaftsarchitekten an. Für mich ist das auf jeden Fall eine Herzblut-Aufgabe, sagte er gestern in Düsseldorf. Schließlich war ich über zweieinhalb Jahre lang zwei bis dreimal pro Woche in Kamen, um die Innenstadtsanierung zu begleiten. Ortskenntnisse sind also reichlich vorhanden, dennoch, so sagt er, gelte es zum Einstieg, sich freizumachen von allen zu sehr festgelegten Vorstellungen. Ich werde erst einmal ein paar Stunden an der Seseke verbringen, die Situation fotografisch dokumentieren die richtige Idee kommt dann meistens um halb vier in der Nacht. Und dann sagt man: Das ist es! Aufgabe des Wettbewerbs ist es, nicht nur Gestaltungsvorschläge für das Ufer anzufertigen, sondern auch die Verbindungsachsen in die Innenstadt aufzuwerten. Wie bekomme ich den Fluss in die Stadt?, so formulierte es Spurling.
Dieser Frage gehen auch Stefan Grieger und Benjamin Gutsche vom Berliner Atelier Loid nach. Auch wenn Kamen nicht gerade um die Ecke liegt, wie gestern Stefan Grieger schmunzelnd in Berlin sagte, das Büro hat bereits mehrere Wettbewerbe in Sachen Fluss-Umgestaltung gewonnen. Wie in Siegen, wo die unter einer Asphaltplatte verborgene Sieg wieder zutage gefördert werden soll. Solche Projekte, der Innenstadt ein neues Gesicht zu geben, reizen uns sehr, berichtete Grieger. Auch in Meschede habe das Büro einen Wettbewerb gewonnen. Auch dort liegt der Fluss ein paar Meter tiefer als die Straßen, auch dort ist der Fluss relativ unsichtbar, schilderte er. Doch den Fluss für die Bürger zugänglicher zu machen, ihm neue Präsenz zu verleihen, das sei auch die Aufgabenstellung für die Seseke möglich sei das zum Beispiel über neue Treppenanlagen.
Matthias Funk wird das Büro scape Landschaftsarchitektur vertreten. Auch für ihn ist der Wettbewerb in Kamen eine Art Heimspiel, denn schließlich hatten die Düsseldorfer Architekten den vor zehn Jahren ausgeschriebenen Städtebauwettbewerb gewonnen. Natürlich waren wir schon oft in Kamen vor Ort, werden mit Spaß und Überzeugung an die Arbeit gehen ob uns der Erfolg von früher auch jetzt zum Vorteil gereichen wird, ist allerdings fraglich, sagte er in seinem Düsseldorfer Büro.
Alle Bürger werden profitieren
Er ist überzeugt, dass die Aufwertung des Uferbereichs samt neugestalteten Verbindungen zur City die Stadt deutlich voranbringen wird nicht nur für ein paar einzelne Anwohner, sondern für alle Bürger. Allerdings dürfe man die Erwartungshaltung nicht zu sehr nach oben schrauben. Es ist zwar Potenzial vorhanden, doch die Räume sind relativ eng es wird also keinen neuen Stadtpark geben. Es geht vielmehr darum, schöne Grundverbindungen zu schaffen.
Daran werden ab heute die vielen renommierten Architekten tüfteln. Kai Spurling: Wenn man auf die Liste der Büros blickt, dann weiß man, dass man ernsthafte Konkurrenz hat. Das wird eine echte Aufgabe, hier zu bestehen.