Wir gratulieren: „Hammo“, der Mann mit der Pfeife

Auch die vierte Mannschaft des SuS Kaiserau gratulierte Hammo Kampmann zu seinem Jubiläum, 50 Jahre Schiedsrichter.

Kamen. Helmut „Hammo“ Kampmann ist die Verkörperung des Ruhrgebiets. Ehemaliger Bergmann, Betriebsrat, Gewerkschaftsmitglied – und seit 50 Jahren Fußball-Schiedsrichter.

Alles begann mit einer „Engstelle“. So bezeichnet Helmut Kampmann, den eigentlich alle nur „Hammo“ nennen, den Augenblick, als aus dem Fußballer ein Schiedsrichter wurde. 26 Jahre war er da alt, kickte bei Westfalia Kamen dort, wo jetzt das „Boulodrome“ steht. Und er wurde gebraucht, als Mann an der Pfeife. „Ich hab sofort gut eingeschlagen“, erzählt Kampmann und lacht verschmitzt. So gut, dass er die Pfeife bis heute nicht aus der Hand gelegt hat. An jedem Wochenende steht er auf dem Platz und sorgt dafür, dass alles seinen geregelten Gang geht. Den Weg zur jeweiligen Spielstätte bestreitet das Mitglied vom Kamener SC seit jeher mit dem Fahrrad. Ob in der Nähe oder viele Kilometer entfernt, „Hammo“ radelt – und legt Wert darauf, stets pünktlich anzukommen.

Sein Vorbild war Karl-Heinz Fork

Angefangen 1966, pfiff Kampmann zunächst in der Kreisliga. Er war engagiert und ehrgeizig, sein Vorbild war der Unnaer Karl-Heinz Fork, Bundesliga-Schiedsrichter in den 1960er- und 1970er-Jahren. „Von ihm hab ich sehr viel gelernt“, blickt „Hammo“ Kampmann zurück, „er hat mir sehr viel gezeigt. Der Kamener nahm die Lehre an, wurde immer besser und pfiff in höheren Ligen. Mit Kolle Bronheim und Manfred Heuser war er gemeinsam im Einsatz, stand in der Verbandsliga an der Linie.

Wenn er heute den Platz betritt, dann leitet der 77-Jährige zumeist Spiele der Alt-Herren-Mannschaften oder der Senioren. „50 Jahre ist schon eine Ecke“, sagt er, „aber mir macht das Pfeifen einfach sehr viel Spaߓ. Die Spiele, bei denen er als Unparteiischer auf dem Platz stand, hat er nicht gezählt, „einige Hundert werden es schon sein“, vermutet der ehemalige Bergmann. Eins ist ihm aber wichtig: „In den ganzen Jahren habe ich noch kein Spiel abgebrochen.“ Und: „Wenn die ersten fünf Minuten meine sind, dann hab ich gewonnen. Wenn Du richtig auftrittst, hast Du die halbe Miete schon im Sack.“ Kampmanns Philosophie: Wenige Karten, die Vorteilsregel oft anwenden und bloß nicht arrogant sein: „Man muss einander auch einfach mal auf die Schulter klopfen und dann ist die Sache auch erledigt.“

Helmut „Hammo“ Kampmann ist gebürtiger Kamener und ein Mann aus dem Pott, wie er im Buche steht. Zunächst als Kohlenhauer auf Monopol beschäftigt, wurde er später freigestellt, um als Betriebsrat auf der Zeche zu arbeiten. 20 Jahre hat er das gemacht. Er schwärmt von den Kumpels und dem „Familien-Pütt“, denkt gerne an die Zeit zurück, als Kamen noch eine Stadt der aktiven Bergmänner war.

„Hammo“, der Mann mit der Pfeife

Da waren Zeitungsfotos noch schwarz-weiß und Schiedsrichter-Trikots gemustert: „Hammo“ Kampmann im J …
Inzwischen stehen der denkmalgeschützte Förderturm sowie das Maschinenhaus unter dem Schutz der Stiftung Industriedenkmalpflege. Das ist jedoch kein Grund für Kampmann, in Begeisterung zu verfallen: „Ich hab die Zeche in guter Erinnerung, weil ich weiß, wie es unten aussieht“, sagt er und moniert, dass das Potenzial des Zechengeländes nicht viel früher entdeckt wurde. „Aus der Kaue, da hätte man eine schöne Stadthalle draus machen können, stattdessen haben wir diesen Kasten.“

Das Bergmannleben ist dem 77-Jährigen immer noch nah, er ist nach wie vor Mitglied der Gewerkschaft IGBCE, erinnert sich und erzählt gern aus den Zeiten, als die Kohle auf Monopol gefördert wurde. Zum Beispiel vom Besuch des damaligen Kanzlers Helmut Schmidt. „Da haben wir eine Woche lang geputzt“, berichtet er. „Und das war auch richtig so.“ Es sei schließlich um viel gegangen, damals. Dass das bergmännische Leben immer weiter ausstirbt, bedauert er. „Seinen“ Knappenverein, „Gute Hoffnung“, gibt es längst nicht mehr und auch das Steigerlied wird nur noch selten gesungen.

Aber wichtig war und ist sowieso auf‘m Platz. Diese Einstellung und Leidenschaft begleitet den Kamener nun seit 50 Jahren – und hat ihm auch durch schwere Zeiten geholfen. Nach einer Krebserkrankung wollte er zunächst nicht wieder zu Karten und Pfeife greifen, doch Schiedsrichter-Obmann Heiko Rahn sprach ihm gut zu. „Er hat viel geholfen, dass ich wieder auf die Beine gekommen bin“, erzählt Kampmann. „Das ist mein Obmann.“

„Hammo“ Kampmann ohne Fußball – das geht irgendwie nicht zusammen. Selbst der Urlaub wird unterbrochen, wenn ein Spiel im Kalender steht. „Ja, da fährt er einfach mal nach Hause und kommt montags wieder“, erzählt seine Frau. „Und Termine werden bei uns erst gemacht, wenn der Spielplan da ist.“ Denn absagen kommt nicht infrage. „Wenn ich kein Spiel hab, bin ich traurig“, gesteht der rüstige Schiri. Darum zieht der BVB-Fan auch jedes Alt-Herren-Spiel einem Besuch im Westfalenstadion vor, „das ist nicht so wichtig, im Stadion war ich schon oft genug“. Zum Beispiel bei der WM 2006, „da hab ich jedes Spiel in Dortmund von der Ehrentribüne aus verfolgt“. Aber auch bei den Spielen seiner Schwarz-Gelben war der ehemalige rechte Läufer schon häufig zu Gast.

Wäre er jung, würde er angreifen

Während er seinen Borussen immer mit „viel Spaߓ die Daumen drückt, hält er von den Männern an der Pfeife in der Bundesliga … wenig. „Eigentlich möchte ich dazu nix sagen“, bemerkt er und man spürt, dass es in ihm zu brodeln beginnt. Und dann sagt er es doch: „Aber das, was die da machen, das kann ich auch!“ Schade eigentlich, dass diese Kampfansage an die Herren Zwayer & Co. folgenlos bleibt, denn mit 77 wird Kampmann nicht mehr in die Riege der Erstliga-Schiris aufsteigen. Wäre er noch einmal jung, würde Kampmann angreifen, um höher zu pfeifen. So aber ist er zufrieden, auch „das mit der Rennerei“ klappt noch gut, dank des Kampmann‘schen Geheimtipps, „diagonal laufen, da hast Du alles im Blick“. Für die Zukunft wünscht sich Helmut „Hammo“ Kampmann, dass er noch möglichst lange fit bleibt. Denn: „Fußball, das ist meine Leidenschaft.“

Schiedsrichter

In Deutschland gibt es rund 71.500 Schiedsrichter (Stand: 1. Januar 2015). Bei rund 100.000 Spielen an jedem Wochenende in Deutschland, reicht das allerdings nicht aus. Und so finden vor allem Spiele in den untersten Jugendklassen ohne Schiri statt.