Kamen. Der Weizenweg liegt ländlich und scheinbar ruhig. Von der Haustür ihres Reihenhauses kann Anwohnerin Ingrid Kuhn schon die Wiesen sehen. Aber plötzlich ist es vorbei mit der Ruhe ein Zug rauscht heran.
Zu sehen sind die ratternden Züge von der Straße aus nicht, denn jetzt im Sommer versteckt sich die Bahnlinie hinter einer grünen Wand aus Büschen und Bäumen. Künftig werden die Gleise hinter einer 600 Meter langen Kombination aus Wall und Steinkorbmauern verschwinden, geplant von der Stadt Kamen. Das Bauwerk soll die Siedlung gegen den Lärm abschirmen.
Ingrid Kuhn kommt gerade vom Einkaufen und parkt ihr Fahrrad vor der Haustür. Wir sind gespannt, wann es mit dem Bau losgeht, sagt die Anwohnerin. Die Stadt hatte im Juni erklärt, dass der Baustart nach den Sommerferien erfolgen soll, jedoch ohne einen Termin zu nennen. Die Ausführungsplanung stehe, die Ausschreibungsunterlagen seien komplettiert, die Ausschreibung stehe bevor.
Wenn die Anwohner darauf gehofft haben, dass die Baufahrzeuge sofort nach den Ferien anrücken können, war das voreilig. Rathaus-Sprecher Hanno Peppmeier erklärt, dass die Stadt noch am Leistungsverzeichnis für die Ausschreibung arbeite und folglich der Auftrag noch nicht erteilt sei. Angepeilt werde aus ökologischen Gründen ohnehin ein Baustart nach dem Ende der Vegetationsphase. Da wollen wir nicht eingreifen, so Peppmeier. Das heißt, dass mit einem Baustart erst im Herbst zu rechnen ist.
600 Meter Wall für Lärmschutz
Neu ist die Information, dass die Wall-Wand-Kombination rund 600 Meter lang wird. Überwiegend werde es ein begrünter, 10 bis 12 Meter Erdwall sein, an Engstellen von Gabionen unterbrochen. Die Wallkrone werde rund sechs Meter über das Niveau der angrenzenden Gärten aufragen und rund vier Meter über der Gleisoberkante.
Die Stadt Kamen betont, dass das Projekt gut vorankomme. Heikle Grundstücksfragen waren bereits in einer früheren Phase mit Anwohnern geklärt worden. Auch der Kreis Unna steuert laut Sprecherin Birgit Kalle einige Quadratmeter bei und unterstütze das Projekt. Nur noch eine Formsache soll die Erteilung der Baugenehmigung im Rathaus sein. Der Bauantrag liege vor, so Peppmeier. Für letzte Abstimmungsgespräche war der Beigeordnete Dr. Uwe Liedtke am Mittwoch im Kreishaus verabredet.
Derweil hofft Ingrid Kuhn am Weizenweg, dass die Wirkung des Walls auch ihrem Reihenhaus nützt. Jetzt stört die Bahn einen schon etwas, wenn man abends nach der Arbeit noch auf der Terrasse sitzen will, sagt sie. Nur einige grellrosa markierte Pflöcke, die Vermesser in den Boden geschlagen haben, deuten bislang auf den Baustart hin.
Trotz einer Anwohnerversammlung vor einigen Monaten hat sich das Vorhaben noch nicht überall in der Nachbarschaft herumgesprochen. Lärmschutz finde ich gut, sagt Helena Werner, die vor rund drei Jahren in die Siedlung an den Weizenweg gezogen ist. Wir wussten deshalb, worauf wir uns an der Bahnlinie einlassen.
Das Projekt
Der Bereich Schimmelstraße wurde von der Deutschen Bahn ausgelassen, als sie ab 2012 am Telgei auf 325 Metern Länge eine Lärmschutzwand baute. Das liegt daran, dass die relativ junge Siedlung durch das Raster des Förderprogramms Lärmsanierung an bestehenden Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes fiel. Deshalb springt die Stadt Kamen mit einem eigenen Bauwerk ein, um die Lücke zu schließen. Anwohner hatten für das Projekt Unterschriften gesammelt.