
Kamen-Heeren. Ein Rinderhorn ist fraglos ein Ritterschlag neben dem Bundesverdienstkreuz und dem Verdienstorden des Landes. Nicht nur aus Sicht des Schweineclubs, der die zahllosen Ehrungen von Bettina Böttinger am Samstag um das Heerener Horn erweiterte. Der eigentliche Ritterschlag kam jedoch von der caritativ engagierten Journalistin selbst. Sie verspeiste im Heerener Gemeindezentrum als Rheinländerin nicht nur den ersten Pfefferpotthast ihres Lebens und befand ihn für sehr lecker. Sie fand auch diesen Abend geradezu bezaubernd: Die Gesamtatmosphäre hier ist toll, der Zusammenhalt und die Solidarität in diesem Ort sind deutlich spürbar!
Darin steckt für die TV-Moderatorin der Klebstoff unserer Gesellschaft. Für diese Menschen mache ich meine Sendungen, verriet sie. Menschen, die sie zu einem mitreißenden Grußwort veranlassten. Nicht nur die nationalistischen und chauvinistischen Töne aus Amerika, die nichts mehr mit den christlichen Werten, die uns prägen, zu tun haben machen sie wütend. Konterkariert werden diese Werte dieser Tage in vielen weiteren Ländern auch bei uns, wo Worte wie Entvölkerung von Parteien in den Mund genommen werden.
Bettina Böttinger forderte alle dazu auf, wachsam zu sein gegenüber den Rattenfängern von heute und wachsam zu sein für ein Deutschland, das bunter, toleranter, friedliebender geworden ist.
Dafür gab es tosenden Applaus und stehende Ovationen. Die hatten zuvor bereits ihre Mit-Hornträgerinnen erhalten.
Denn Ingrid Heilf bedankte sich mit einem vollständigen Gedicht und reimte bescheiden, ob nicht eher andere eine solche Auszeichnung verdient hätten. Denn ich tu das wirklich gern und bin immer für Euch da.
Doritha Haghgu zitierte ein mahnendes Gebet: Herr, bewahre mich davor, dass ich schwatzhaft werde und überall mitreden will.
Nachdenkliche Worte zu unsicheren Zeiten waren bereits zum Auftakt der Hornverleihung im ökumenischen Gottesdienst gefallen. Pfarrer Benno Heimbrodt erinnerte an die Einheit der Christen, die zum Anfang der Gebetswoche im Fokus steht und daran auch etwas zu tun für andere und gegenzuhalten, indem wir die Menschen sehen, die in Not sind. Terror, der Ruf nach Sicherheit, Angst und auch Klagen über den inneren Zustand der Kirche, die keine Volkskirche mehr sei: Das stand im Mittelpunkt der Predigt von Pastor Herbert Ritter. Ist unsere Kirche noch zu retten?, zitierte er die viel gestellte Frage und mahnte persönliches Engagement anstelle eines Dienstleistungsanspruchs an. Im Sinne des Alten Testaments bedürfe es einer Herztransplantation durch Gott für den Erneuerungsprozess Anzeichen dafür sehe er in dem breiten Engagement gerade in der Heerener Gemeinde.
Eine Herztransplantation benötigen die frisch gebackenen Hornträgerinnengewiss nicht. Laudator Friedrich-Christian Freiherr von Plettenberg diagnostizierte vielmehr detailliert bei jeder einzelnen ein riesengroßes Herz für andere. Dorita Haghgu ist nicht nur dienstälteste Presbyterin seit 17 Jahren, seit frühester Jugend ein-Frau-Fahrgemeinschaft für den ehemaligen Pfarrer wie auch die gesamte Kirchengemeinde oder Nanny auf Haus Heeren, sondern über 43 Jahre Vollblutlehrerin hinaus eine offene, zupackende, mit geradliniger Art engagierte Streiterin für die Kinder- und Jugendarbeit und den Austausch mit Tansania. Ingrid Heilf war bereits in der Volksschule Vorbeterin der Kirche, engagierte sich in der Jugendgruppe und müsste eigentlich Hilf heißen, denn sie ist immer zur Stelle. Ob als gelernte Schneiderin mit Kostümen für alle Fälle inklusive der Gewänder der Pfarrer und Messdiener, die aufgrund priesterlicher Ungeduld beim Sakraltopmodel schonmal mit Hochwasser im Dienstbeinkleid enden. Seit 1980 ist Ingrid Heilf im Vorstand der KfD, für die Cafeteria der Knickerkirmes unerlässlich und organisiert monatliche Frühstücke.
Bettina Böttinger ist dagegen vielleicht auch aufgrund ihres Geburtstags am Independence Day am 4. Juli mit Aufrichtigkeit, Unabhängigkeit und Geradlinigkeit weltweit für die AIDS-Stiftung, die Burundi-KIDS und besonders Medica Mondiale für Frauen in Krisengebieten unterwegs. Dafür ist sie mit Preisen überschüttet worden. Auch in ihrer Medienarbeit, die 1985 beim Hörfunk begann und beim WDR bis heute unzählige erfolgreiche Talkshows und Reportagen prägt, spiegelt sich diese Haltung, die bei einem Exkurs nach Dortmund auch das Schicksal der Beschäftigten der niedergehenden Montan-Industrie in ihren Blickpunkt rückte. Ich bekomme sehr viel zurück im Leben auch viel Lob und Anerkennung für mich ist es selbstverständlich, entsprechend auch diejenigen zu sehen, die all das nicht bekommen, sagt Bettina Böttinger, während die Gratulanten bei ihr Schlange stehen, ihr Bücher über Heeren-Werve, Autogrammkarten und Handys für ein Selfie in die Hand drücken. Denn: Es werden schwierige Zeiten auf uns zukommen, ist sie sich sicher. Dafür brauche es auch eine starke Medienlandschaft, die aktuell nicht weniger mit Krisen zu kämpfen habe.
Ob da die Heerener auch lieber den Heeren-Werv-Exit wagen? Festredner von Plettenberg hat sie bereits ausgemacht, die AfHW als Alternative für Heeren-Werve, die sich weniger gegen Flüchtlinge aus Methler und Bönen als auf einen ordnungspolitischen Alleingang richtet. Mit bestechend launigen Worten nahm er die Zuhörer mit in einen Autonomie-Prozess mit Hornträgern als Kabinett, substanzvollen Horn-Talern und Netto-Heeren-Wervern mit einem letzten Edeka. Da tun sich ganz neue Möglichkeiten mit einer längst überfälligen Durchfahrer-Mautauf. Allerdings müssten sämtliche Sportvereine und Politiker sechs Mal aufsteigen, um international mithalten zu können, beliebte Fußballvereine würden plötzlich im Ausland spielen, es gäbe mangels Brauerei kein Bier mehr und auch für Grundelemente wie Burger und schwedische Möbel seien Grenzübertritte unvermeidlich. Dann doch lieber erstmal aus dem Kreis Unna raus via HWKU-Exit? Auch dagegen spricht neben Kapazitätsproblemen im Kleinschwimmbad, Aderlass für die Hornträger und die Begrenzung der Wirtschaft auf das Borstenvieh vieles. Wir bleiben drin!!! resümierte von Plettenberg und bekam auch dafür gewaltigen Beifall.