Politischer Aschermittwoch – NRW-SPD bejubelt Schulz in Schwerte

Martin Schulz und Hannelore Kraft in Schwerte

Schwerte – Kanzlerkandidat Martin Schulz wird beim Politischen Aschermittwoch der NRW-SPD in Schwerte gefeiert. Seine Rede bietet zwar kaum Überraschendes, sie trifft aber den Nerv der Zuhörer.

Der Einmarsch ist triumphal. André Stinka, der Generalsekretär der NRW-SPD, kündigt den designierten Vorsitzenden der Sozialdemokraten schon mal als „nächsten Bundeskanzler“ an. Und der Festsaal im Schwerter „Freischütz“ tobt. Begeisterte Jubelrufe begleiten den Weg von Martin Schulz Richtung Bühne, zahlreiche Plakate wie „Jetzt ist Schulz“ und „Zeit für Martin“ säumen seinen Weg. An der Seite des Kanzlerkandidaten: Hannelore Kraft, NRW-Ministerpräsidentin, und Norbert Römer, Vorsitzender SPD-Region Westliches Westfalen und damit Gastgeber beim 25. Politischen Aschermittwoch der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten.

Eigentlich ist die Veranstaltung der passende Rahmen für Frontalangriffe auf den politischen Gegner – für die SPD allerdings auch ein Anlass, sich selbst zu feiern. Römer verweist stolz auf 2300 neue Mitglieder in NRW seit dem 1. Januar. Und für den Politischen Aschermittwoch hätten „wir locker dreimal so viele Karten verkaufen können“, sagt Christian Obrok, Pressesprecher der NRW-SPD.

Schulz hat leichtes Spiel 

Grund für beides ist nicht zuletzt – Schulz. Der hat daher leichtes Spiel bei den 700 Zuhörern. Nicht nur, weil sich Kraft mit einer äußerst kämpferischen Rede als „Einheizerin“ erweist, die ihr Loblied auf die eigene Regierungspolitik in NRW in den vergangenen Jahren und auf das beschlossene Programm für die angestrebte Fortsetzung der Regierungsarbeit nach der Landtagswahl am 14. Mai mit dem Blick nach Berlin verknüpft. „Es wird Zeit für Martin Schulz“, ruft Kraft in den Saal – und dieser reagiert entsprechend.

Schulz wird mit Sprechchören bedacht, mit stehenden Ovationen, die in rhythmisches Klatschen übergehen. Der 61-Jährige genießt die Atmosphäre sichtlich. Lächelt. Und grinst richtig breit, als mitten in seiner 45-minütigen Rede ein Besucher ruft „Martin für Deutschland“. Wie sehr sich die Stimmung in der SPD seit der Nominierung von Schulz als Kanzlerkandidat verändert hat, wie sehr sich die Partei im stabilen Umfragehoch sonnt, wie selbstbewusst sie in die Wahlkämpfe in NRW und im Bund geht, zeigt sich eben auch hier, in Schwerte.

Dabei ist der Auftritt des ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlamentes inhaltlich wenig überraschend, kaum mehr als die Wiederholung bereits bekannter Positionen und Schwerpunkte. Konkret wird Schulz weiter selten. Und er wirbt eher für sich als dass er die Konkurrenz attackiert. „Persönliche Verunglimpfung hat in einem Wahlkampf nichts verloren“, betont er, nachdem er aber noch einmal seinen Machtanspruch untermauert hat: „Ich trete an, um Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.“

Individuum in den Mittelpunkt rücken

Sein flammendes Plädoyer für mehr soziale Gerechtigkeit trifft indes abermals den Nerv. „Wir haben ein wunderbares Land. Aber nicht alles in diesem Land ist wunderbar“, sagt der Kanzlerkandidat, der „Fehler“ der Agenda-Reformen beseitigen möchte. Auftrag der Sozialdemokraten sei es, die „Nöte der Menschen zu erspüren“, das Individuum mit seinen Sorgen wieder mehr in den Mittelpunkt zu rücken nach Jahren der „Kälte“ sowie „teilweise dem Recht des Stärkeren“.

Schulz präsentiert sich erneut als entschiedener Kämpfer für die Demokratie und ihre Grundpfeiler, greift die Rechtspopulisten und -extremen an, nennt sie „Sündenbock-Politiker“ und sieht eine „Internationale der Ultranationalisten“, zu der er auch die AfD zählt. Umso eindringlicher wirbt Schulz für das Friedensprojekt Europa, denn dies sei „der beste Schutz für die Bundesrepublik Deutschland“.

Doch über allen Themen schwebt die soziale Gerechtigkeit. „Es ist seit 153 Jahren der konstante Auftrag der SPD, dass sie das Leben der Menschen besser machen will“, sagt Schulz, ehe der ein letztes Mal die stehenden Ovationen entgegennimmt. Fünf Minuten lang. Dann ertönt das Steigerlied. Schulz singt sofort mit. Textsicher, versteht sich.