Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Daniel Heidler

Daniel Heidler

Die „Stunde des Parlaments“ wird die Haushaltsdebatte im Rat auch genannt. Heute hatten die Rats-Fraktionen die Gelegenheit, ihre Statements zum Haushaltsentwurf abzugeben. Hier die Rede des Vorsitzenden der SPD Fraktion im Rat der Stadt Kamen, Daniel Heidler, zum Haushaltsentwurf 2018:

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Debatte über die Aufstellung des Haushaltes ist die richtungsweisende in einem Jahr. Diese Debatte gibt nämlich Auskunft darüber, wie sich die im Rat der Stadt Kamen vertretenden Parteien die Zukunft dieser Stadt vorstellen.
Ein Haushalt ist nichts anderes als die Konkretisierung politischer Vorstellungen.
Ich will deshalb, bevor ich zu Details des Haushaltsentwurfes Stellung nehme, deutlich machen, dass die SPD-Fraktion den Haushalt unter zwei grundsätzlichen Aspekten diskutiert hat:

1. Gelingt es, die Stadt Kamen weiterhin als eine Stadt zu erhalten, die das soziale Miteinander fördert, gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und
Investitionen in die Zukunft unserer Stadt tätigen kann?

2. Gelingt es für die Stadt Kamen eine Perspektive zu schaffen, in der es gelingen kann, die unter dem ersten Punkt genannten Anforderungen dauerhaft zu schaffen, ohne dafür permanent neue Schulden aufnehmen zu müssen?

Der zweite Punkt ist nicht zuletzt deshalb so wichtig, weil uns die Kommunalsaufsicht einen anderen Weg gar nicht erlauben würde. Wir sind demnach gezwungen den Weg bis 2022 solide zu Ende zu gehen. Ein Abweichen von dem 2012 beschlossenen Weg heißt Alternativen aufzuzeigen, wie der ausgeglichene Haushalt zustande kommen kann.

Ich betone dies gleich zu Beginn meiner Haushaltsrede, weil ein Teil der öffentlichen Debatte den Eindruck vermittelt als seien wir komplett autark und hätten keine äußeren Restriktionen unter denen wir verantwortungsvolle Kommunalpolitik betreiben müssten.

Restriktionen gibt es aber und diese führen im schlimmsten Falle zum Verlust der kommunalen Entscheidungskompetenz des Kamener Stadtrates.
Entscheidungsfragen in zentralen Feldern der Kommunalpolitik wie die Zukunft der Bäderlandschaft, die Zukunft der kommunalen Weiterbildung, die Zukunft der Kamener Kultur, ich könnte diese Liste endlos weiterführen, lägen nicht mehr in unserer Hand.
Aber genau diese Fragen beschäftigen uns und sollen uns weiterhin beschäftigen, weil sie für das kommunale Zusammenleben zentral sind und das die Themen sind, die uns am Infostand auf dem Sportplatz und auf den zahlreichen Kamener Veranstaltungen begegnen.

Frage nach der Grundsteuererhöhung

Gleichwohl haben auch wir uns als SPD-Fraktion die Frage gestellt, können wir im Jahr 2018 ohne eine Erhöhung der Grundsteuer auskommen? Eine gute Konjunktur und daraus resultierende Entlastungen bei der Kreisumlage und gute Gewerbesteuereinnahmen legen diese Frage nahe.

Aber als verantwortungsvolle Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker haben wir die Pflicht uns genau mit den Zahlen zu beschäftigen und nicht pure Gefühlslagen zur Grundlage unserer politischen Entscheidung zu machen.

Ein Verzicht auf die Erhöhung der Grundsteuer bedeutet 1,6 Millionen Euro weniger für den kommunalen Haushalt. 1,6 Millionen Euro weniger ist durch keine der im Raum stehenden Positionen aufzufangen. Durch keine niedrigere Kreisumlage, durch keine Hoffnung auf verbesserte Gewerbesteuereinnahmen und schon gar nicht durch die Vergnügungssteuer.

Die Grundsteuer ist die einzige verlässliche Steuer! Die CDU hat in einer öffentlichen Stellungnahme gefordert, der Kämmerer solle für die zukünftigen Jahre die Gewerbesteuererwartungen hochsetzten. Mal abgesehen von der Frage, ob so eine dauerhafte Wachstumserwartung realistisch ist, was passiert eigentlich, wenn ein großer Gewerbesteuerzahler in die Erweiterung seines Betriebes investiert?

Positiv für unsere Stadt! Arbeitsplätze entstehen, bestehende bleiben erhalten, aber für das Gewerbesteueraufkommen kann dies bereits eine Einbuße im siebenstelligen Bereich bedeuten.

Selbst radikale Spareingriffe in den städtischen Haushalt, die wir Sozialdemokraten ohnehin ablehnen, holen 1,6 Millionen Euro nicht einfach so herbei. Wo sollten diese Einsparungen auch stattfinden? Bei der Kultur? Bei der Bildung? Beim Personal? Bei den Kindergartengebühren?

Antworten darauf habe ich bisher von niemandem gehört.

Wir können unsere Haushaltsplanungen im Übrigen auch nicht auf die Hoffnung immer fortwährender Prosperität gründen. Der Haushalt muss durch den Kämmerer auf der Grundlage dessen gebildet werden was da ist und was realistisch ist.

Ausgaben

Vor allem gehört es zu unseren Pflichten den Haushalt nicht nur auf der Einnahmeseite zu betrachten, sondern auch auf der Seite der Ausgaben. Die letzten Jahre haben hier stetige Steigerungen aufgezeigt, die zum Teil durch Preissteigerungen zu erklären sind, zum anderen aber auch dadurch, dass wir stetig neue Aufgaben bekommen haben.

Wer ausschließlich die Einnahmeseite betrachtet macht sich einen schlanken Fuß!

Ausgaben und Gefahren

Dabei ist es nach wie vor so, dass notwendige sozialpolitische Maßnahmen in der Umsetzung bei den Kommunen abgelegt werden. Ich hatte im Rahmen meiner Stellungnahme zum Stellenplan im vergangenen Jahr auf die Veränderungen im Rahmen des Unterhaltsvorschussgesetzes hingewiesen, dessen politische Zielsetzung richtig war, aber in der Umsetzung den kommunalen Personaletat trifft.

Dies geht im Übrigen so weiter. Die neue Landesregierung, gebildet aus CDU und FDP erwartet von den Kommunen einen erhöhten Beitrag zur Krankenhausfinanzierung, die so genannte Krankenhausinvestitionsumlage ist von den Kommunen nach Pro-Kopfschlüssel zu tragen.
Für Kamen bedeutet das eine langfristige Ausgabensteigerung von derzeit 520.000 Euro auf 750.000 Euro. Dabei ist es positiv, dass in unsere Krankenhäuser investiert wird, aber warum auf Kosten der Kommunen?
Zudem lässt der Orientierungsdatenerlass der neuen Landesregierung nicht darauf hoffen, dass sich die Verteilungsgrundsätze, insbesondere im Bereich der Schlüsselzuweisungen für die Stadt Kamen im Rahmen der mittelfristigen Finanzplanung positiv entwickeln.
Und dies sind nur die Belastungen bzw. Mindereinahmen von denen wir bereits wissen.

Die aktuell geringeren Zahllasten gegenüber dem Kreis Unna erklären sich durch die seinerseits niedrigere Zahllast gegenüber dem LWL. Bleibt das so?
Der LWL weist in einer eigenen Stellungnahme auf zu erwartende Aufwandsteigerungen in den kommenden Jahren hin.

Wie gehen wir damit um?

Für die Bewältigung der Kosten der Unterkunft fehlen dauerhafte Finanzzusagen des Bundes. Ein Abflachen der Ausgabenblöcke ist nicht abzusehen.

Wie gehen wir damit um?

Die neue Landesregierung plante das Sozialticket abzuschaffen und wollte den Kommunen offen stellen dies weiter zu finanzieren. Ich hoffe, dass diese absolut unsoziale Idee nun vom Tisch ist. Sie hätte im Übrigen wieder vor allem die Kommunen getroffen, die ohnehin mit hohen Sozialtransfers zu kämpfen haben. Für 2018 gibt es eine Finanzierungszusage. Und dann?

Und damit habe ich noch nicht die Positionen benannt die Sie als Vertreter von CDU, Grünen und Linke/GAL regelmäßig an uns richten.

Die CDU und die Linke/GAL verlangen, um nur ein Beispiel zu nennen, die Erhaltung der Schwimmhalle in Heeren-Werve, ohne Deckungsvorschlag, ohne Erhöhung der Grundsteuer.

Wir haben im vergangenen Jahr einem Antrag der Grünen zugestimmt, um nur ein Beispiel zu nennen, der die Beteiligung der Bürger bei der Haushaltsaufstellung sicherstellen soll. Kostet das kein Geld?

Vielleicht liegt hier ja ein sinnvoller Einsparungsvorschlag?

Es ist doch also nicht so, als wenn die anderen Fraktionen in diesem Hause keine Vorstellungen davon hätten was man verbessern könnte. Nur übernimmt hier keiner die Verantwortung für die Frage, wie ein städtischer Haushalt das schultern kann.

Entwicklung der Grundsteuer im Kreis Unna

Trotz aller positiven Nachrichten bleibt die strukturelle Unterfinanzierung des Kommunen im Kreis Unna.

Dies ist der alleinige Grund dafür, dass alle Kreiskommunen ihre Grundsteuerhebesätze angepasst haben, anpassen haben müssen.

Mit unserer Zustimmung zum Haushalt werden wir den Hebesatz zur Grundsteuer auf 690 Punkte erhöhen.

Damit liegen wir im Kreis Unna auf Platz 7. Dies ist für mich ein Beleg, dass wir die Hebesatzschraube nicht willkürlich nach oben drehen, sondern unter den gegebenen Umständen moderat unterwegs sind.
Ich betone dies hier auch, weil sie in anderen Kreisangehörigen Kommunen mit den Stimmen der CDU und mit den Stimmen der Grünen erhöht worden ist. Offensichtlich sind sich dort CDU und Grüne ihrer Verantwortung für den Bürger sehr wohl bewusst.
Ich will das Ganze mit einem Zitat untermauern. Der Fraktionsvorsitzende der CDU in unserer Nachbarstadt Bergkamen sagt zum Haushaltsplan der Stadt Bergkamen folgendes: „Es wäre aus unserer Sicht durchaus sinnvoll, ein wenig an der Schraube der Grundsteuer zu drehen“ und weiter „ Denn diese sei in Bergkamen noch human. Mit Blick auf die geplanten Investitionen und auch um die Verschuldung weiter herunter zu fahren.“ (HA 28. November 2017)

Bergkamen hat einen Grundsteuerhebesatz von 680 Hebesatzpunkten. Die dortige CDU sorgt sich dennoch um Zukunftsinvestitionen und Schuldentilgung. Die CDU in Kamen will uns Zwingen neue Kassenkredite aufzunehmen, ohne über die Risiken, ich denke hier vor allem an das Risiko steigender Zinsen, auch nur einmal nachzudenken, das ist der Unterschied.

Das wir insgesamt bei der Grundsteuer nicht so hoch gehen müssen, wie Städte und Gemeinden um uns herum zeigt, dass unser Ansatz aus dem Jahr 2012 richtig war. Frühzeitig anfangen, mit den Bürgern in den Dialog treten, alles auf den Prüfstand stellen, aber auch nichts kaputt machen, was unsere Stadt so liebenswert macht.

Belastung für die Bürger

Trotz dieser Fakten, die auch alle anderen Fraktionen in diesem Hause kennen, haben wir uns trotzdem gefragt, was muten wir unseren Bürgern zu.

Dies ist eine Abwägungsfrage.

Zum einen steht eine Mehrbelastung von etwa 6,40 Euro pro Monat für einen 4-Personen Musterhaushalt. Das sind knapp 1,60 Euro pro Person im genannten Musterhaushalt. Als SPD wollen wir nicht drüber hinweg gehen, dass auch diese Zahllast für Menschen ein Problem darstellen kann.
Aber was wäre die Alternative? Aufgabe des kulturellen Lebens in unserer Stadt? Einschränkung unserer Aufgabe als Schulträger? Erhöhung der KITA-Gebühren, oder der Gebühren für die OGS? – Was vor allem die jungen Familien in unserer Stadt treffen würde. Verzicht auf jedweden politischen Gestaltungsspielraum?
Das können nicht die richtigen Antworten sein. Kommunalpolitik hat den Auftrag das Leben der Menschen vor der Haustür zu gestalten und weiterzuentwickeln. Das wollen wir unter der Maßgabe dessen, was ich eingangs meiner Haushaltsrede gesagt habe.
Die Investitionen, die wir im kommenden Haushaltsjahr tätigen leisten einen Beitrag dazu. Ich will hier exemplarisch nur die Investitionen in unsere Schulen, den KITA-Ausbau und den Ausbau des JFZ auf der Lüner Höhe zum Anlaufpunkt eines sozialen Quartiers nennen. Darüber hinaus, wird sich die Aufenthaltsqualität in unserer Stadt weiter verbessern.

Das ist gut so und wir sind offen für weiteres. Aber mit Augenmaß und Verantwortungsbewusstsein.

Politische Bewertung

Ich bin mir sicher, dass all das was ich hier heute gesagt habe auch bei den anderen Fraktionen gesehen wird. Sie alle wissen, dass wir auf dem Weg, den wir 2012 eingeschlagen haben bleiben müssen.
Sie wissen das! Ich appelliere deshalb an alle Fraktionen dem Haushaltsentwurf 2018 zuzustimmen.
Wenn Sie wider besseres Wissen abstimmen, müssen Sie sich den Vorwurf des Populismus gefallen lassen.
Und hinter vorgehaltener Hand formulieren Sie das doch auch so: „Lasst das doch die Sozialdemokraten machen.“
Wer aber Verantwortung weiterschiebt ist ein Verantwortungsverweigerer.
Als SPD tragen wir die Verantwortung für den städtischen Haushalt. Aber wer Verantwortung nicht tragen will, der wird sie auch nie bekommen. Soviel ist sicher!

Wir als SPD tragen nicht nur Jahr für Jahr die Haushalte, sondern seit 2012 auch das HSK. Wir haben uns damals viel mit den Menschen unterhalten und haben trotz der schwierigen Lage und starker Anwürfe der Oppositionsfraktionen bei der Kommunalwahl die Mehrheit bekommen.
Warum? Weil wir ehrlich waren, weil wir verlässlich waren, weil wir im Dialog mit der Stadtgesellschaft sind.
Wir vollziehen heute das, was wir in 2012 bereits beschlossen haben. Mit gutem Gewissen für die Zukunft unserer Stadt. Und so tragen wir die Verantwortung auch heute.

(Es gilt das gesprochene Wort)

Quelle: SPD Fraktion