Mehr Bäder, mehr Turnhallen und auch mehr Grundschulen

Der spätere Bürgermeister Werner Berg neben Ratsfrau Elfriede Theus (SPD), die ab 1984 auch als Ortsvorsteherin in Kamen-Mitte (bis 1989) wirkte, in der Turnhalle der Friedrich-Ebert-Schule, die in den ersten Jahren der räumlichen Verschmelzung als Tagungsort für den Stadtrat diente.Archiv

Kamen. Statt der Glasbausteine gibt es moderne Fensterlemente, die viel Licht in die traditionsreiche Stätte hineinlassen. Die alten Sprossenwände sind zwar längst ausgewechselt und durch moderne Elemente ersetzt.

Vor der alten Backsteinwand entfaltet sich dann doch noch ein wenig historischer Charme, der ein wenig das Gefühl vermittelt, was an diesem Ort ab 1968 geschehen ist. Dieser Ort, das ist die Sporthalle der Friedrich-Ebert-Schule, in der gerade die Bälle hoch durch die Luft fliegen.

Dieser Ort an der Weddinghofer Straße, ein traditionsreicher Ort: Kamens erster gemeinsamer Stadtrat trat dort zu seinen Sitzungen, erstmals am 10. März, zusammen, weil das Alte Rathaus am Markt zu klein geworden war. Und das jetzige Rathaus mit seinen Sitzungssälen wurde erst 1975 bezogen.

Der spätere Bürgermeister Werner Berg neben Ratsfrau Elfriede Theus (SPD), die ab 1984 auch als Ortsvorsteherin in Kamen-Mitte (bis 1989) wirkte, in der Turnhalle der Friedrich-Ebert-Schule, die in den ersten Jahren der räumlichen Verschmelzung als Tagungsort für den Stadtrat diente.Archiv

Die amtsfreie Gemeinde

Am 1. Januar 1968 trat der Paragraf 5 des Gesetzes zur Neugliederung des Landkreises Unna in Kraft. Dort hieß es wörtlich: „Die amtsfreie Stadt Kamen, die Gemeinden Heeren-Werve, Methler und Südkamen (Amt Unna-Kamen) und die Gemeinden Rottum und Derne (Amt Pelkum) werden zu einer neuen amtsfreien Gemeinde zusammengeschlossen. Die Gemeinde erhält den Namen Kamen und führt die Bezeichnung Stadt.“

Jetzt, 50 Jahre danach, greifen die Arme der Schüler nach dem Fußball, der durch die Luft der historischen Stätte fliegt, wo die ersten Beschlüsse verhandelt wurden und sich die Vertreter, die aus unterschiedlichen Gemeinden kamen, erst einmal finden mussten, weil es teilweise ein gerüttelt Maß Skepsis gab, ob denn derlei Zusammenschluss sinnvoll sei (wir berichten). Im Jahr 2018 wird die Halle genutzt nicht nur in Sportstunden des Regelunterrichts, sondern auch für den Offenen Ganztag. Auch die Volkshochschule Kamen-Bönen bietet dort Fitness- und Gesundheitssport an. Damals waren andere Themen angesagt: Die Stadt Kamen hatte von den 109 Bediensteten des Amts Unna-Kamen 46 Beamte, Angestellte, Arbeiter und fünf Lehrlinge zu übernehmen. Auch Amtsassessor Gerhard Bönker, der eigentlich Gemeindedirektor in Methler werden sollte, wechselte zur Stadt, wo er später als Stadtdirektor bekanntlich die Geschicke Kamens maßgeblich prägen sollte.

Einer, der später ebenso prägend war, saß zunächst in der zweiten Reihe. Werner Berg kam als stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Heeren-Werve in den neuen Stadtrat und wurde in der ersten Ratssitzung zum stellvertretenden Bürgermeister gewählt. Erst am 18. Mai 1982 wurde er dann Bürgermeister und blieb das bis zum 6. Juni 1992. Es folgte ihm bekanntlich Manfred Erdtmann.

Die neuen Datenblätter

Auch die Statistiker mussten ihre Datenblätter umschreiben, als die Neuordnung im Jahr 1968 umgesetzt wurde. Die Stadt Kamen hatte bis zur Gebietsreform 22.167 Einwohner (Stand 31. Dezember 1966), die sich auf 10,58 Quadratkilometern verteilten. Die Bevölkerungsdichte betrug 2093 pro Quadratkilometer. Dieser Wert sollte nach der Vereinigung auf 967 sinken: Kamen hatte plötzlich eine Grundfläche von 40,94 Quadratkilometern mit 39.597 Einwohnern. Zum Vergleich: Heute zählt die Stadt etwa 43.800 Einwohner und hat eine Einwohnerdichte von etwa 1070.

Und auch die Schullandschaft veränderte sich maßgeblich. Die neue Stadt Kamen hatte statt bis dahin sechs voll ausgebauten Grundschulen nun deren zehn, darunter drei in Heeren-Werve und eine in Methler. Dazu kamen vier Zwergschulen in Methler (drei) und Südkamen. Die Zahl der Sonderschulen (heute: Förderschulen) erhöhte sich um eine auf zwei, die Zahl der Freibäder auf drei (Kamen, Westick-Kaiserau und Heeren-Werve), die Zahl der Sportplätze auf elf (Kamen vier, Heeren-Werve vier und Methler drei). Die Zahl der Turnhallen stieg auf neun (Heeren-Werve zwei, Kamen drei, Methler drei, Südkamen eine), die Zahl der Kindergärten auf sieben und die Zahl der Büchereien auf drei.

Damals noch nicht selbstverständlich: Die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung: Lediglich 96 Prozent der Bürger in der neuen Stadt waren an die Wasserversorgung angeschlossen, weil vor allem in Südkamen 1,8 Prozent ohne Anschluss waren und es in Derne überhaupt keinen gab. An die Abwasserversorgung waren lediglich 77,1 Prozent der Bürger angeschlossen. Rottum und Derne waren damals noch nicht ans Kanalnetz angebunden.

In den folgenden Sitzungen des Rats wurde indes die Infrastruktur der neuen Stadt immer weiter fortentwickelt. Und statt heiß diskutierten Beschlüssen, bei denen sich die Ratsfrauen und -herren im übertragenen Sinne die Bälle abgrätschten, fliegen in der Friedrich-Ebert-Halle nur noch richtige Bälle.

Quelle: hellwegeranzeiger.de, Carsten Janecke

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